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Viele Stornos: Niederschlesien leidet unter der falschen Annahme von Touristen, dass die Flut zu großen Schaden angerichtet hätte
Reist man mit der Bahn durch Schlesien, wird man in den Zügen mit touristischen Werbefilmen berieselt. Gezeigt wird die Woiwodschaft Niederschlesien. Nach dem verheerenden Hochwasser im September werden Reisende derzeit fast angefleht, auf keinen Fall etwaige Buchungen in der Region zu stornieren. So heißt es, „wenn du diese Region liebst, sei ein wichtiger touristischer Entwicklungsfaktor, fahr hin, storniere nicht!“ Dies diene der Aufklärung, denn nach den Wassermassen käme nun die nächste Welle – die der Stornierungen, so Bartłomiej Rodak, Pressesprecher der Niederschlesischen Eisenbahnen. „Von den 169 Gemeinden der Woiwodschaft sind nur 25 vom Hochwasser betroffen ...“ Betroffen sind Bad Landek [Lądek-Zdrój], Seitenberg [Stronie Śląskie], Habelschwerdt [Bystrzyca Kłodzka], die alte Grafschaft Glatz [Kłodzko] sowie am Rande der Sudeten Hirschberg [Jelenia Góra] im Riesengebirge und Orte im an Hirschberg angrenzenden Bober [Bóbr]-Tal.
Das Hochwasser im September zerstörte 151 Schulgebäude, 39 Kindergärten und zwölf Kinderkrippen. 31 Polizeistationen, 95 Museen, Gemeindezentren und Bibliotheken sowie 31 Gesundheitszentren wurden beschädigt. Mehr als 5200 Häuser weisen Schäden auf oder wurden gänzlich zerstört. Über 162.000 Einwohner Niederschlesiens waren vom Hochwasser betroffen. Dennoch sei die Woiwodschaft Niederschlesien attraktiv, heißt es aus dem Marschallamt. Auch unversehrte Tourismusziele wie Krummhübel [Karpacz], Schreiberhau [Szklarska Poręba] oder Bad Kudowa [Kudowa-Zdrój] im Glatzer Land leiden unter Touristenrückgang. Kudowa hat als einziger Ort der Grafschaft die Sache gut überstanden. Hoteliers und Reiseunternehmer appellieren: „Wenn Sie Niederschlesien helfen wollen, zur Normalität zurückzukehren, kommen Sie zu uns!“
Das Touristenportal Nocowanie.pl beklagt, dass sich derzeit zu wenig Urlauber für Niederschlesien entscheiden. Inzwischen seien Hotels, Pensionen und touristische Attraktionen wieder auf dem Level vor der Flut, wie etwa das 60 Kilometer nördlich von Breslau gelegene Bartschtal [Dolina Baryczy]. Selbst Bad Reinerz [Duszniki-Zdrój] oder Bad Altheide [Polanica-Zdrój] in der Grafschaft Glatz könnten wieder problemslos besucht werden.
„Was jetzt gebraucht wird, ist Arbeit, dass Touristikunternehmen und ihre Mitarbeiter wieder zu Geld kommen“, sagt Elżbieta Szumska, die ihr Haus belieh und 1996 eine Goldmine in Reichenstein [Złoty Stok] als Besuchermagnet kaufte.
Gleich am Eingang des Bergwerks dokumentiert Szumska Schlesiens Goldförderung. Besucher können hier in den unterirdischen Stollen auf Besichtigungstour gehen. Es erwartet sie neben einer Fahrt mit der Grubenbahn eine Bootsfahrt in einem schiffbaren Stollen. Höhepunkt ist ein illuminiertes, in Europa wohl einzigartiges Schauspiel: der über zehn Meter herabstürzende unterirdische Wasserfall. Szumska gründete 2014 in Reichenstein ein Heimatmuseum, und sie publiziert zur Geschichte ihrer Heimatstadt. Sie und andere Fremdenführer sind überzeugt, dass man Touristen die Angst nehmen müsse, da sich inzwischen gut 90 Prozent der touristischen Stätten auf „Normalnull“ befänden.
Reiseleiter, Journalist und Autor Marek Perzyński motiviert seine Leser im Portal dolnyslask.travel, schlesische Burgen und Schlösser zu besichtigen: „Sie sind der besondere Stolz Niederschlesiens. Dazu gehört das Schloss in Mittelwalde [Międzylesie], das vor Kurzem von zwei Enthusiasten übernommen wurde. Dank ihnen erstrahlt es langsam wieder in altem Glanz.“
Mittelwalde liegt unweit der Quellen der Glatzer Neiße im äußersten Süden der Grafschaft Glatz zwischen dem Habelschwerdter Gebirge [Góry Bystrzyckie] und dem Glatzer Schneegebirge [Masyw Śnieżnika] in den Mittelsudeten. Die Stadt ist ein perfekter Ausgangspunkt für Wanderungen. Auch Schloss Scharfeneck [Zamek Sarny] in Obersteine [Ścinawka Górna], in der Nähe des Walfahrtsortes Albendorf [Wambierzyce], preist Perzyński an. „Letzteres ist bekannt als das niederschlesische Jerusalem; der Ort wartet wieder auf Gäste“, so der Autor von Wanderführern und Verfasser zahlreicher Zeitungsartikel.