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Seebad auf Usedom mit interessanter Geschichte und zauberhafter Natur
Koserow, seit 1853 Seebad, gilt als Perle unter den Usedomer Ostseebädern. Belegt wird das auch durch die Zahl der Badegäste. Der Ort mit seinen 1700 Einwohnern kann pro Jahr auf mehr als eine halbe Million Gäste-Übernachtungen verweisen (2019). Dabei gibt es in Koserow – im Unterschied zu den Kaiserbädern und Zinnowitz – keine Promenade und keine prachtvolle Bäderarchitektur. Turmhohe Hotels wie in Swinemünde oder in Misdroy auf der Nachbarinsel Wollin fehlen ebenfalls.
Worin besteht also der Reiz des Ostseebades an der schmalsten Stelle der Insel Usedom? Was hat Koserow, was die anderen Bäder nicht haben?
Da ist zunächst der schier endlose, breite und feinsandige Koserower Strand zu nennen, der zu den schönsten Stränden der Insel zählt. Auch wer einen einsamen Strand liebt, findet ihn hier. Gekrönt wird der Strand im Osten vom 58 Meter hohen Streckelsberg, dem dritthöchsten Berg der Insel, in dessen Schutz Koserow liegt. Wind und Wellen setzen dem bewaldeten Berg, auf dem im Frühjahr Buschwindröschen und Leberblümchen blühen, immer wieder zu.
Noch vor 300 Jahren ragte er 250 Meter weiter in die See hinein. Die hier vorherrschende Ostströmung transportiert den Sand von der Mitte der Insel nach Ahlbeck und Swinemünde, wo sich der Strand seit Jahrhunderten verbreitert. Auch an Höhe hat der Berg verloren. Vor Zeiten war er der Primus unter den Hügeln der Insel. Wellenbrecher, Buhnen, eine Schutzmauer und künstlich aufgespülter Sand vermindern heute seine Erosion.
Der Gipfel des Berges bietet einen weiten Blick auf die See. Im Westen taucht das Hügelland der Halbinsel Mönchgut (Insel Rügen) auf und in nordwestlicher Blickrichtung die Greifswalder Oie. Bei Dunkelheit beeindruckt dieses kleine Eiland mit dem lichtstärksten Leuchtturm an der pommerschen Küste. In südöstliche Richtung ist die Steilküste der Nachbarinsel Wollin zu erkennen.
Historische Salzhütten
Am früheren Fischerstrand, am Fuße der neuesten und originellsten Seebrücke der Insel, befinden sich die historischen Salzhütten, deren Geschichte bis ins Jahr 1820 zurückgeht. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. hatte angeordnet, an der pommerschen Küste Heringspackereien zum Einsalzen der Heringe zu schaffen. In den Salzhütten lagerte das hierzu erforderliche, für die Fischer kostenlose Salz. Bereits am Strand erfolgte die Konservierung der Heringe. Die Fässer erhielten einen Stempel und wurden an die Kolonialwarenläden geliefert. „Pelltüften un Hiring“ war in dieser Zeit ein gängiges Mittagessen. Und es gab viel Hering! Hans Werner Richter („Deutschland deine Pommern“), dessen Vater in Bansin Fischer war, schreibt, dass man kaum die Ruder ins Wasser tauchen konnte, wenn die Heringsschwärme da waren.
„Taille“ der Insel wird die sturmflutgefährdete Landzunge zwischen der Ostsee und dem Achterwasser genannt, sie ist an ihrer schmalsten Stelle lediglich 300 Meter breit. Die Überquerung der „Insel-Taille“ dauert lediglich fünf Minuten. Noch im 18. Jahrhundert riss das Sturmhochwasser die Insel an dieser Stelle fünfmal in zwei Teile. Im Jahre 1792 durchbrach der Sturm die Landenge gar auf einer Breite von mehr als zwei Kilometern.
Im November 1872 wurde das Vorwerk Damerow zerstört, 1904 und 1913 kam es erneut zu Dammbrüchen. „Käppen, ick glöw wi führn över Bööm“, soll der Moses gesagt haben, als der Nordoststurm ein Schiff von der Ostsee ins Achterwasser trieb. An der Straße erinnert ein Gedenkstein an die Sturmfluten von 1872 und 1874. Heute verhindert ein Deich ähnliche Katastrophen.
Auch kulturhistorisch ist Koserow interessant. Bei Lütten-Ort, ebenfalls auf der schmalen Landzunge gelegen, lädt das Atelier des bekannten Malers Otto Niemeyer-Holstein (1896–1984) zu einem Besuch ein. In seinem Testament hatte er verfügt, dass Lüttenort so erhalten bleiben soll, wie es zu seinen Lebzeiten war.
Die Koserower Kirche, ein 750 Jahre alter, frühgotischer, einschiffiger Backsteinbau, wird im Sommer als Spielstätte für die Aufführung anspruchsvoller klassischer Werke wie Goethes „Faust“, Brechts „Galileo Galilei“ und Lessings „Nathan“ genutzt. Ein früherer Pfarrer der Kirche, Wilhelm Meinhold, hatte seinerzeit nach alten Kirchenbüchern den 1843 veröffentlichten Roman „Die Bernsteinhexe“ geschrieben. Die Publikation versteht sich als getreue Widerspiegelung der hiesigen Verhältnisse im Dreißigjährigen Krieg. Und schließlich darf in keinem Ort an der pommerschen Ostseeküste er fehlen: Der gefürchtete, von den Armen verehrte Seeräuber Klaus Störtebeker. Er soll in den Höhlen des Streckelsberges seinen Schlupfwinkel gehabt haben.
Sagenumwoben: Vineta
Den größten – weit über Pommern hinausreichenden – Bekanntheitsgrad erhielt Koserow durch eine alte Sage. Etwa einen Kilometer vor der Küste des Vorwerks Damerow befindet sich das Vinetariff (auch Vinetabank), dessen Steine früher aus dem Wasser ragten. Diese Bank soll der Standort der vor mehr als 1000 Jahren versunkenen, überaus reichen Stadt Vineta gewesen sein. Jeden Abend könnte man hier tief unter den Wellen die silbernen Glocken der Stadt hören, heißt es.
Am Ostermorgen würde Vineta als warnendes Schattenbild, zur Strafe für die Abgötterei und Üppigkeit ihrer Bewohner, mit allen Häusern, Kirchen, Toren, Brücken und Trümmern deutlich sichtbar aus dem Wasser auftauchen. Der Glockenturm auf der neuen Seebrücke knüpft an diese Sage an. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Steine des Riffs für den Molenbau in Swinemünde „herausgezangt“. Trotz eifrigen Suchens fand man jedoch keinen einzigen bearbeiteten Stein.
Eine weitere Attraktion und ein Magnet für Einwohner und Gäste in Koserow ist Karls Erlebnis-Dorf mit zahlreichen Angeboten für Kinder und Erwachsene. Aktuell: „Erlebnis Winter“.