26.11.2025

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Wollen den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ausmanövrieren: „NOlympia“-Aktivisten
Bild:IMAGO/IPONWollen den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ausmanövrieren: „NOlympia“-Aktivisten

Demokratie

Legen Volksentscheide Berlin lahm?

Autofrei, werbefrei und gegen Olympia-Bewerbung: Die Hauptstadt im Würgegriff linker Initiativen

Hermann Müller
26.11.2025

Berlin ist ein Dorf“ steht als Redewendung bislang für das mitunter idyllisch anmutende Leben in einigen Kiezen der Hauptstadt, oft aber auch für die überraschenden Momente, wenn sich im Trubel der Millionenmetropole Bekannte plötzlich gegenüberstehen, die sich für längere Zeit aus den Augen verloren hatten. Möglicherweise erhält das Sprichwort „Berlin ist ein Dorf“ in wenigen Jahre aber sogar seine ursprüngliche Bedeutung zurück.

Geht es nach der Initiative „Volksbegehren Berlin autofrei“, dann soll nämlich innerhalb des S-Bahnrings der Autoverkehr drastisch reduziert werden. Die Pläne sind so radikal, dass sich offenbar nicht einmal die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus aus ganzem Herzen mit dem Vorhaben anfreunden können. „Berlin autofrei“ schwebt vor, nach einer vierjährigen Übergangszeit private Autofahrten auf maximal zwölf Tage pro Person und Jahr zu beschränken. Ausnahmen sollen lediglich für Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste, Müllabfuhr, Taxen, Lieferverkehr und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen gelten.

Grüne lavieren herum
Bereits im vergangenen Juni hat der Berliner Verfassungsgerichtshof das Volksbegehren für zulässig erklärt. Angerufen hatte das höchste Gericht Berlins der Senat. Dieser hatte den Gesetzentwurf der Initiative für verfassungsrechtlich bedenklich angesehen und deshalb 2022 den Fall dem Gericht zur Prüfung vorgelegt. Die Verfassungsrichter befanden, der Gesetzgeber habe auf Landesebene nach dem Straßenrecht einen Gestaltungsfreiraum. Es bestehe zudem auch kein Anspruch darauf, dass eine bestimmte Nutzung des Straßenraums aufrechterhalten werde. „Das Straßennetz steht den Menschen weiter zur Verfügung“, so Gerichtspräsidentin Ludgera Selting bei der Bekanntgabe der Entscheidung im Sommer.

Vor Kurzem hat sich nun auch das Abgeordnetenhaus mit dem von der Initiative vorgelegten Gesetzentwurf beschäftigt und mehrheitlich abgelehnt. Der verkehrspolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Johannes Kraft, erklärte während der Debatte, das Ziel der Initiative sei „keine Zukunftsvision, sondern ein Irrweg“. Eine Innenstadt ohne Autos sei vielleicht eine „romantische Vorstellung“, aber ungerecht, so Kraft. Von der SPD-Fraktion hieß es: „Wir brauchen keinen Kulturkampf gegen das Auto, sondern attraktive Angebote.“ Auch AfD und BSW lehnten den Gesetzentwurf ab. Die Grünen-Abgeordnete Antje Kapek vermied dagegen eine klare Positionierung: Die „Berliner:innen“ sollten darüber debattieren und entscheiden, so Kapek.

Mit der Ablehnung durch das Landesparlament ist der Weg frei für die nächste Stufe des Projekts. Die Sprecherin der Initiative hat bereits angekündigt: „Im Januar 2026 starten wir die nächste Unterschriften-Sammelphase zum Volksbegehren, die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren.“ Einsammeln müssen die Aktivisten mindestens 175.000 gültige Unterschriften innerhalb von vier Monaten. Gelingt dies, werden die Berliner Wähler vermutlich parallel zur Abgeordnetenhauswahl im September kommenden Jahres auch über „Berlin autofrei“ abstimmen.

Anfang November hatte bei einer Anhörung im Landesparlament eine andere Initiative namens „Berlin werbefrei“ keine Unterstützung durch die Mehrheit erhalten. Ziel des Vorhabens ist es, die Zahl von Werbeflächen in der Millionenstadt radikal zu reduzieren – Digital-Werbung soll sogar verboten werden.

Listige Terminplanung
Als Gründe führen die Initiatoren Lichtverschmutzung, Klimaschutz und Verkehrssicherheit an. Grüne und Linkspartei lobten die Pläne, CDU und SPD zeigten sich aber skeptisch. Vertreter des schwarz-roten Senats warnten vor dem Verlust von Arbeitsplätzen und dem Wegfall von Millionen an Einnahmen bei den landeseigenen Verkehrsbetrieben, wenn Werbemöglichkeiten beschränkt würden. Die Initiative „Berlin werbefrei“ will ab Januar ebenfalls Unterschriften sammeln, damit ein Volksentscheid stattfinden kann.

Zudem will ein Bündnis von Gegnern einer Berliner Olympia-Bewerbung bald mit dem Sammeln von Unterschriften für ein Volksbegehren starten. Dabei setzt das Bündnis aus Sicht von Beobachtern auf einen geschickten Zeitplan. Der Volksentscheid soll erst stattfinden, nachdem sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) entschieden hat, welche Stadt für Deutschland eine Olympia-Bewerbung abgeben soll.

Die Chancen, dass sich der DOSB nun noch für Berlin entscheidet, dürften mit diesem Zeitplan allerdings stark sinken. Der Sportbund riskiert nämlich, dass er sich für Berlin als Kandidaten entscheidet, eine Mehrheit der Berliner danach in einem Volksentscheid aber die Olympia-Bewerbung ihrer Stadt ablehnt. „Der DOSB muss wissen, ob er das riskieren will“, erklärt eine der Initiatorin von „NOlympia Berlin“ listig.


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