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Nach dem Abzug der UN-Soldaten ist in Mali und in Niger der Weg frei für dschihadistische Gruppierungen
Die letzten der 2500 in Mali und Niger stationierten französischen und deutschen Soldaten sowie die letzten UN-Soldaten verließen kurz vor Weihnachten die Sahelzone. Nach dem Ende des westlicheren Engagements in der Sahelzone stoßen jetzt die Russen und radikale Moslems in das entstandene militärische Vakuum.
Frankreich war nach einem Vormarsch der Dschihadisten auf die Hauptstadt Bamako als ehemalige Kolonialmacht ab 2013 in Mali und in der Sahelzone präsent und hatte bis zu 5500 Soldaten im Rahmen der Anti-Dschihad-Operation „Barkhane“ in Zusammenarbeit mit den Armeen von Mali, Burkina Faso und Niger eingesetzt. Sie hatte den Einsatz von Spezialkräften europäischer Partner durchgesetzt, darunter auch in Spitzenzeiten 2500 Bundeswehrsoldaten. Dazu kamen noch einmal 5000 UN-Soldaten.
Nach einer Reihe von Staatsstreichen forderten die drei Sahel-Länder Mali, Burkina Faso und Niger den Abzug der Franzosen, was wiederum einen tiefen Verlust des westlichen Einflusses in der Region zur Folge haben wird. Auf europäischer Seite „wird sich ein militärisches Engagement auf eine militärische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Form von Ausrüstung, Ausbildung und so weiter beschränken“, glaubt Denis Tull vom Deutschen Institut für Internationale Beziehungen und Sicherheit.
Die Terrorismusbekämpfung wird bilaterale Abkommen erfordern, insbesondere mit Deutschland oder Italien. Deshalb reiste Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius Ende des Jahres noch einmal nach Niger, allerdings ohne Resultat. Die USA hatten die Europäer in der Sahelzone unterstützt, doch Washington kann rechtlich gesehen keine Sicherheitskooperation mit Militärregimen leisten. Die USA haben noch keine Entscheidung über die Schließung einer Drohnenbasis und die Rückholung ihrer in Niger stationierten 1100 Soldaten getroffen, aber sie können auf keinem Fall das ersetzen, was die Franzosen geleistet haben.
Der einzige externe Akteur ist nunmehr Moskau. Die paramilitärische Gruppe Wagner hat sich in Mali etabliert und ist nun zum Ziel von Operationen dschihadistischer Gruppen geworden. Die Söldnerfirma befindet sich seit der Meuterei ihres Anführers Jewgeni Prigoschin und seinem anschließenden Tod bei einem Flugzeugabsturz Ende August in einem Prozess der Umstrukturierung. Russland behält jedoch seine einflussreichen Aktivitäten bei.
Dialog mit Dschihadisten?
So sind auch einige Dutzend russische Ausbilder und Militärausbilder in Ouagadougou in Burkina Faso anwesend, auch wenn die Behörden ihre Anwesenheit nicht bestätigt haben. Vor Kurzem wurde zudem eine russisch-nigrische Partnerschaft unterzeichnet, deren Bedingungen unbekannt blieben. Russland schielt vor allem auf die riesigen Uranvorkommen in Niger, mit dem es einen weiteren Erpressungshebel gegen die westliche Atomindustrie in der Hand hält. Aber infolge des Angriffskrieges gegen die Ukraine wird in Moskau das Militärpersonal für Einsätze in Afrika knapp.
Die Söldnertruppe Wagner verdient ihr Geld auf neokoloniale Weise mit der Ausbeutung der Gold- und Uranminen und setzt bei ihrer militärischen Mission brachiale Gewalt ein, ohne hohe Verluste befürchten zu müssen. Wenn das in Zukunft nicht mehr funktioniert, ziehen sie sich zurück mit dem Ergebnis, dass sie wenigstens den Westen herausgeworfen haben und die Sahel-Staaten von den Dschihadisten übernommen werden.
Aber auch diese sind sich untereinander nicht einig. In Zukunft rechnet fast jeder mit einer Konfrontation zwischen den mit al-Kaida und dem IS verbundenen Dschihadisten einerseits und den jeweiligen Militärregimen andererseits, die im September die Allianz der Sahel-Staaten (AES) gegründet haben. Ihre Charta verpflichtet sie zum gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus.
Es ist zu erwarten, dass jetzt die politischen Aspekte des Kampfes gegen den Dschihadismus in den Hintergrund treten werden. Die Regime in der Sahelzone investieren fast nur in die militärische Reaktion. Die mit der EU vereinbarte Bekämpfung der Migration nach Europa wurde gestoppt, weil der Kampf gegen die Migrationsströme selbst zu einer Fluchtursache geworden war.
Ein Hoffnungsschimmer könnten Verhandlungen mit den Dschihadisten sein, eine Aussicht, die der Westen bisher nicht in Betracht gezogen hatte. Hinter der martialischen Rhetorik der Militärregierungen zeichnet sich in der Praxis hier und da manchmal eine Öffnung ab. Wenn die Regime erkennen, dass der Dialog ein zusätzliches Instrument sein kann, haben sie möglicherweise eine Überlebenschance auch ohne die Europäer und am Ende auch ohne die Russen.