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Idyllisch gelegener Leerstand am Mühlenteich: Schloss Dammsmühle in der Gemeinde Wandlitz
Foto: imago/Jürgen RitterIdyllisch gelegener Leerstand am Mühlenteich: Schloss Dammsmühle in der Gemeinde Wandlitz

Schicksalsort

Mielkes exklusive Kegelbahn

Schloss Dammsmühle nördlich von Berlin hat einige Höhen und Tiefen erlebt – Aktuell wartet es auf seine Umwandlung in ein Hotel

Bettina Müller
13.09.2022

Schönwalde im brandenburgischen Barnim, zirka 20 Kilometer nördlich von Berlin: Die Heidekrautbahn, die von Berlin-Karow abfährt, spuckt etliche Radfahrer aus. Schloss Dammsmühle ist nirgendwo zu sehen. Der Weg dorthin führt zunächst die Hauptstraße entlang und dann durch einen verwunschenen Park mit uralten Bäumen, in dem man sich schnell verlaufen kann.

Irgendwann macht der Weg dann eine leichte Kurve nach rechts, und da ist es, das Ziel des heutigen Ausfluges: Schloss Dammsmühle. Seit Jahren steht es leer, ist zum „Lost Place“, einem vergessenen Ort geworden, aber gerade deshalb sehr gefragt. Daher wird der Suchende, der von solchen verlassenen Plätzen magisch angezogen wird, auch streng auf dem Schild in der Nähe des Zauns ermahnt, bloß nicht das Gebot „Betreten verboten“ zu ignorieren.

Schloss Dammsmühle befindet sich in einem Schwebezustand. Eigentlich ist es kein „Lost Place“ mehr, aber von dem Ziel, daraus ein exklusives Hotel zu machen, ist es auch noch weit entfernt. Über die Jahrhunderte hatte es das Schloss sowieso nicht einfach. 1755 erwarb der „Königliche Lederzeug-Lieferant“ – mit exklusivem Recht, die königlich preußische Armee mit Uniformteilen aus Sämischleder zu versorgen – Johann Peter Damm das Gelände, das sich am ehemaligen Standort einer alten Mühle befand. 1768 ließ er Schloss Dammsmühle bauen, damals noch ein zweigeschossiges Palais.

1776 starb der kinderlose Damm, das Gebäude verfiel. Der Landschaftspark entstand 1830. 1894 erwarb Leutnant Adolf Wollank das Schloss bei einer Zwangsversteigerung und baute es zu einem neobarocken Herrenhaus um. Der Mann wollte Spaß, wovon auch der orientalische Tanzpavillon auf dem See zeugte. Ein exklusiver Ort für die Reichen und Schönen. Das war nicht jedem recht. Bereits vor Wollank war es 1869 zu unangenehmen Zwischenfällen gekommen, als gut gelaunte Berliner mit Kremsern, Pferdekutschen mit Längsbänken, anreisten, um sich auf Dammsmühle zu verlustieren. Sie trafen auf wenig begeisterte Bauernburschen aus dem Dorf. Reibereien und „Verletzungen der Sittlichkeit“ gegenüber den Berliner Damen waren die unschönen Folgen dieses Ausflugs.

Es schien so, als sollte das Schloss nie mehr zur Ruhe kommen. Besitzer kamen und gingen wieder. „Schloß Dammsmühle weit unter Wert zu verkaufen“ hieß es 1929 in einer Anzeige, die den alten herrlichen Park, Forsthaus, See, Wein- und Palmenhaus sowie 32 ertragreiche Fischteiche anpries, aber auch den legendären schwimmenden Tanzpavillon.

Wollank hatte zu Lebzeiten – er starb 1915 in Charlottenburg – aus dem Anwesen endgültig eine elitäre Angelegenheit gemacht. Und das ist ein Stigma, das sich bis heute wie ein roter Faden durch die Geschichte von Dammsmühle zieht, und das den Umgang damit auch so schwer macht. 1940 ließ Reichsführer-SS Heinrich Himmler das Gelände als Schulungsstätte nutzen. Für Baumaßnahmen wurden dann auch noch Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen verpflichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog die Rote Armee ein, die unter anderem ein Lazarett und ein Offizierskasino eröffnete. Und noch immer rankten sich Legenden und Mythen um das abgeschiedene Schloss, das für die Schönwalder so nah und doch so unerreichbar blieb. Später wurde es vom Ministerium für Staatssicherheit übernommen, das das Gelände kurzerhand zum Sperrgebiet erklärte und somit jeglichen Besuch von normalsterblichen DDR-Bürgern unmöglich machte.

Erich Mielke, Chef des Staatssicherheitsdienstes, nahm erneut Um- und Anbauten vor, sein Sohn feierte 1974 auf Dammsmühle seine Hochzeit, gerne quartierte man dort ausländische Delegationen ein. Und Mielke gab sich jovial, ließ im ehemaligen Wandelgang eine Kegelbahn errichten. Seine Gäste sollten es doch gut haben. Sauna, Whirlpool und Dachterrasse waren nur einige der Annehmlichkeiten für die Besucher. Die residierten wie diejenigen, die das Volk angeblich zum Teufel hatte jagen wollen.

Auch nach der Einheit kam das Schloss nicht zur Ruhe. Die Schönwalder murrten schon lange, schließlich begehrten sie im Dezember 1989 sogar Einlass. Verständlich ihr Wunsch, das Schloss auch zu ihren Gunsten nutzen zu können, lag doch ihre Infrastruktur eben auch brach. Doch was sie sahen, war kein Prunk, sondern DDR-Tristesse. Die andauernden Kämpfe um Nutzungs- und Eigentumsrechte, der zivile Ungehorsam – alles war umsonst gewesen, das Anwesen mit 28 Hektar Parkanlage wurde der Gemeinde nicht überlassen.

Dann kaufte es eine französische Hotelkette. Sogar das Fernsehen rückte an, unter anderem drehte der WDR die Serie „Haus am See“. Doch das Schloss spielte dabei nur eine Statistenrolle in diesen Geschichten um die Bewohner eines – wie könnte es anders sein? – Seniorenheims für gut Betuchte. Und so taumelten die Akteure, darunter Hildegard Knef, von einem seichten Plot zum anderen, angeführt vom gutmütigen Heimchef Ulrich Pleitgen, der, zwar knorrig wie eine brandenburgische Eiche, dann doch immer für ein heiteres Happy End sorgte.

Netter Versuch, doch auch dieser Versuch scheiterte. Die Erben des englischen Industriellen Harry Hart, der sich einst in das Anwesen verliebt hatte, das man ihm dann während der NS-Zeit durch Enteignung – er hatte eine jüdische Ehefrau – entriss, verkauften es 1997. 2019 wurde dann eine Gesellschaft neuer Eigentümer, darunter auch ein Berliner Promiwirt.

Neue Besen kehren gut, so sagt man. Von „280 Betten im Vier-Sterne-Plus-Bereich“ war die Rede, doch wo sind die? Zumindest die Eingangsseite des Schlosses und der Turm sind frisch gestärkt mit weißer Farbe, davor stehen die Autos der Bauarbeiter und die Bauwagen. Rund um den See sieht man vereinzelt Zelte, wilde Camper, die den Platz bestimmt räumen müssen, wenn irgendwann die ersten Gäste eintreffen. Und ob der traumhafte Park auch wirklich, wie angekündigt, öffentlich zugänglich bleiben wird, weiß niemand. Die Aussichten sind aber gut, denn die Straße gehört der Gemeinde.

Das Schloss kann seine Meinung leider nicht äußern. Vielleicht will es ja einfach nur einsam sein und seine Ruhe haben. Gesehen hat es schließlich schon genug.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 13.09.22, 11:37 Uhr

kaufte es eine französische Hotelkette, wie auch die Franzmänner die Minol-Tankstellen für einen Appel und ein Ei kaufen durften. 1990 wurden wir Deutschen zum 3. Abschuß freigegeben.

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