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					Kein anderes Gebäude steht so sehr als Symbol für Freiheit, Demokratie und Zuversicht
Es gibt wohl kaum ein Gebäude in den Vereinigten Staaten, das so stark mit der Identität, der Macht und den Widersprüchen dieses Landes verbunden ist wie das Weiße Haus. Es ist zugleich offizielle Residenz des Präsidenten, Arbeitsplatz, Museum, Bühne großer Ereignisse und Zeuge von Krisen, politischen Umbrüchen und persönlichen Dramen. Seine Geschichte beginnt lange vor der modernen Medienwelt – doch es ist eine Geschichte von Visionen, Symbolik, Bränden und Wiederaufbau, von Festen und Tragödien, von Pracht und alltäglicher Routine.
Ende des 18. Jahrhunderts war die junge Republik der Vereinigten Staaten von Amrerika auf der Suche nach einer Hauptstadt und einem entsprechend repräsentativen Gebäude für ihr Staatsoberhaupt. Nach dem Beschluss, Washington D.C. als neue Hauptstadt zu errichten, wurde sodann 1790 der Bau eines „President's House“ beschlossen. Der Architekt James Hoban, ein irischer Einwanderer, gewann den Wettbewerb für den Entwurf. Er ließ sich von europäischen Vorbildern inspirieren, von den klaren Formen des georgianischen und palladianischen Stils.
Am 13. Oktober 1792 wurde der Grundstein gelegt. Das Baumaterial – heller Sandstein aus Virginia – wurde allen voran von deutschen Steinmetzen sowie von farbigen Sklaven verarbeitet. Diese Tatsache hat somit eine komplexe historische Dimension: Es war von Anfang an ein Symbol für Freiheit und Macht, aber auch für die Schatten der Sklaverei.
Ein Haus trotzt dem Feuer
Noch bevor der neue Prachtbau vollständig fertiggestellt war, zog der zweite Präsident der Vereinigten Staaten, John Adams, mit seiner Frau Abigail am 1. November 1800 in das Gebäude ein. Es war ein unfertiger Rohbau. Abigail Adams schrieb damals: „There is not a single apartment finished ... We use the great unfinished audience room as a drying room for hanging up the clothes.“ (Es ist nicht ein einziger Raum fertig. Wir nutzen den großen unfertigen Audienzraum, um dort unsere Wäsche zum Trocknen aufzuhängen). Während sich die Öffentlichkeit ein prunkvolles Anwesen vorstellte, war das Leben der Adams zunächst eher ein Alltag zwischen Bauarbeiten, zugigen Räumen und Chaos. Doch schon zu dieser Zeit begann sich die Vorstellung zu etablieren, dass das Haus nicht nur Wohnort des Präsidenten sein sollte, sondern auch ein Ort der Repräsentation. Als Thomas Jefferson 1801 Präsident wurde, führte er öffentliche Besichtigungen ein, um die Transparenz der neuen Demokratie zu betonen. Diese wurde allerdings hart unterbrochen, als britische Truppen im Krieg von 1812 die Hauptstadt angriffen.
1814 brannte das Weiße Haus, wie es damals bereits genannt wurde, fast vollständig aus. Möbel, Gemälde und Erinnerungsstücke gingen verloren. Dolley Madison, die damalige First Lady, rettete in aller Eile ein Porträt von George Washington. Wiederaufbau und Restaurierung begannen aber noch im selben Jahr, erneut unter der Leitung von James Hoban. Der nun amtierende Präsident James Monroe zog 1817 in das wiederhergestellte Gebäude ein. In den folgenden Jahrzehnten kamen architektonische Ergänzungen hinzu, etwa das südliche und nördliche Portiko, die dem Haus heute sein klassisches Gesicht geben.
Worte mit Wert über dem Kamin
Mit jedem Präsidenten änderten sich Inneneinrichtung und Ausstattung. Gasbeleuchtung, später Strom, neue Heizungen, Möbel aus aller Welt – das Weiße Haus spiegelte technische und gesellschaftliche Entwicklungen wider. Zugleich blieb es ein Symbol amerikanischer Demokratie: Es gehört dem Volk, und jeder Präsident ist nur ein vorübergehender Bewohner. Diese Haltung brachte John Adams bereits beim Einzug zum Ausdruck, als er schrieb: „I Pray Heaven Bestow the Best of Blessings on This House and All that shall hereafter inhabit it. May none but Honest and Wise Men ever rule under this Roof“ (Ich bete darum, dass der Himmel dieses Haus und alle, die es künftig bewohnen werden, mit seinem besten Segen bedenkt. Mögen unter diesem Dach nur ehrliche und weise Menschen herrschen). Diese Worte sind heute im Kamin des State Dining Rooms eingemeißelt – eine Mahnung an alle, die unter diesem Dach Entscheidungen treffen.
Im 19. Jahrhundert wurde das Weiße Haus zunehmend zum Schauplatz nationaler Ereignisse, aber auch zu einem privaten Zuhause mit eigenem Rhythmus. Und doch beklagte Caroline Harrison, Ehefrau von Präsident Benjamin Harrison, im späten 19. Jahrhundert die mangelnde Privatsphäre. Das Spannungsfeld zwischen öffentlicher Rolle und privatem Leben begleitet das Gebäude bis heute.
Seit 1901 mit offiziellem Namen
Das 20. Jahrhundert brachte tiefgreifende Veränderungen. Unter Präsident Theodore Roosevelt wurden 1902 umfassende Renovierungen vorgenommen. Er ließ den West Wing errichten, in dem die Büros des Präsidenten untergebracht wurden, sodass die Residenz privater genutzt werden konnte. Präsident William Howard Taft ließ das Oval Office anfügen – jenes Büro, das heute weltweit als Symbol der amerikanischen Präsidentschaft gilt. Doch die vielen Umbauten und Belastungen führten dazu, dass das Gebäude in den 1940er Jahren strukturell gefährdet war. Präsident Harry S. Truman musste ausziehen; das Weiße Haus wurde im Inneren praktisch vollständig abgetragen und neu aufgebaut. Nur die Außenmauern blieben stehen. Zwischen 1948 und 1952 entstand im Inneren ein modernes Gebäude mit stabiler Stahlkonstruktion, neuer Elektrik, Aufzügen, Sanitäranlagen und Klimatisierung – äußerlich blieb es aber das vertraute Weiße Haus.
Heute verfügt das weltberühmte Gebäude über 132 Räume, 35 Badezimmer, sechs Stockwerke mit Kellern und Dachbereichen, 412 Türen, 147 Fenster, 28 Kamine, acht Treppenhäuser und drei Aufzüge. Für einen frischen Anstrich der Fassade braucht es rund mehr als 2000 Liter weiße Farbe. Die Küche kann ein Abendessen für bis zu 140 Gäste ausrichten und Häppchen für über 1000 servieren. Diese nüchternen Zahlen erzählen von der Größe, aber auch von der Vielseitigkeit des Hauses. Ursprünglich hieß es „President's House“ oder „Executive Mansion“. Erst Präsident Theodore Roosevelt machte 1901 den Namen „White House“ offiziell – ein Name, der längst in aller Welt bekannt war.
Das Weiße Haus ist aber mehr als ein Gebäude: Es ist ein Machtzentrum, eine Bühne für internationale Politik, ein Museum und eine Familienwohnung. Staatsgäste werden empfangen, historische Reden gehalten, Entscheidungen getroffen, die weit über die USA hinausreichen. Gleichzeitig öffnet das Haus seine Türen für Besucher. Öffentliche Touren, die von Präsidenten wie Jefferson initiiert wurden, bestehen bis heute. In den letzten Jahren wurde das Angebot sogar noch ausgeweitet; unter First Lady Jill Biden wurden 2024 zudem neue Räume in die Führungen aufgenommen, um noch mehr Transparenz und Bildung zu ermöglichen.
Mit besonderer Atmosphäre
Doch immer wieder steht das Weiße Haus auch vor der Herausforderung, Tradition und Moderne miteinander zu verbinden. Eine Mammutaufgabe. Es muss Sicherheit gewährleisten, etwa durch Schutz vor Terrorismus und modernste Überwachungstechnik, ohne sein historisches Erscheinungsbild zu verlieren. Es muss IT-Infrastruktur, Brandschutz und Klimatisierung unterbringen, ohne die Bausubstanz zu gefährden. Und es muss die Balance zwischen öffentlicher Funktion und privatem Zuhause wahren.
Die Geschichte des Weißen Hauses ist voller Anekdoten, die es lebendig machen. Franklin und Eleanor Roosevelt erinnerten sich beispielsweise an Silvesterabende, an denen Familie und Freunde im Oval Study zusammenkamen, Radio hörten, Eierlikör-Grog tranken und Franklin den Toast eröffnete: „To the United States of America.“ Eleanor Roosevelt sagte: „Warum auch immer, aber diese Worte klingen sehr bedeutungsvoll und beeindruckend in diesem Haus!“ In diesen Momenten wird sichtbar, dass es nicht nur um Macht und Geschichte geht, sondern auch um menschliche Erfahrungen in einem besonderen Umfeld.
Symbol der Demokratie
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzt sich diese Geschichte weiter fort. Besucherprogramme werden ausgebaut, neue Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, Gärten umgestaltet – so wie jetzt, wo Donald Trump den wunderschönen Rosengarten zu einer plumpen Steinwüste mit vergoldetem Gestühl gemacht hat. Dabei entstehen Fragen: Wie weit darf man verändern, ohne das Erbe zu beschädigen?
Wer heute vor dem Weißen Haus steht, sieht nicht nur Steine, Portiken, Fenster und Gärten. Er sieht ein Haus, das gebaut wurde, um Macht sichtbar zu machen – auf der Grundlage von Idealen und Widersprüchen, von Vision und Kompromiss. Er sieht ein Zuhause, das zugleich eine Bühne ist, in dem sich persönliche Geschichten und öffentliche Ereignisse überlagern. Und er sieht ein Monument, das ständig in Bewegung ist, sich anpasst, modernisiert, repariert und bewahrt.
Vielleicht ist es dieser weite Spannungsbogen durch die US-Geschichte bis zum heutigen Tag, der das Weiße Haus so faszinierend macht. John Adams' Gebet „Mögen unter diesem Dach nur ehrliche und weise Männer herrschen“ klingt in Zeiten wie diesen irgendwie etwas speziell. Doch es ist auch ein Versprechen: nämlich dass ein Gebäude viel mehr sein kann als Stein und Mörtel; dass es ein Spiegel dessen ist, wer wir sind und wer wir sein wollen. So bleibt das Weiße Haus bis heute nicht nur der Amtssitz des amerikanischen Präsidenten, sondern auch ein lebendiger Mythos, ein Symbol für Demokratie – und ein Ort, an dem Geschichte geschrieben wird – hoffentlich weiter eine gute Geschichte.