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Kulturerbe

Noch nicht ganz zu spät

Kampf gegen Verfall – Schloss Wildenbruch zwischen Johanniterorden, Hohenzollern und Wiederaufbau

Brigitte Klesczewski
08.02.2024

Der Ort Wildenbruch [Swobnica] war einst mit der Reichsbahn von dem 50 Kilometer entfernten Stettin aus über Greifenhagen zu erreichen. Von dort ging es mit der Kleinbahn weiter zur Endstation Wildenbruch.

Wildenbruch war ein Gutsdorf, das sich über die Jahrhunderte hinweg gut entwickelte. Es war nach Greifenhagen die größte Kommune im Kreis und liegt am westlichen Hang zwischen dem Schloss und Langen See. Eine stattliche Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe bewirtschaftete zur deutschen Zeit die Feldmark, und die Liste der Handels- und Gewerbebetriebe im Ort war lang. Sägewerke, die Molkerei und die Fischerei besaßen sogar überörtliche Bedeutung. Ein Oberförster hatte seinen Amtssitz im Dorf, und die Jugendherberge wurde auch wegen der Freibäder in den Seen zahlreich aufgesucht.

Johanniter-Komturei
Wildenbruch war Hauptort des Landes Wildenbruch, das Herzog Barnim I. 1234 dem Templerorden verlieh, der hier einen Komtursitz einrichtete. Nach Auflösung des Ordens 1312 übernahm als Nachfolger der Johanniterorden das Land und verlegte nach einem Streit zwischen der Stadt Königsberg in der Neumark und der Johanniter-Komturei in Rörchen seinen Sitz nach Wildenbruch. Das Ordenshaus in Rörchen war von den Bürgern zerstört worden. Dem Johanniterorden gehörte auch seit 1312 das Bahner Land.

Hier in Wildenbruch baute der Johanniterorden 1377 mit Erlaubnis der Stettiner Herzöge ein neues Schloss am Schloss-See. Bis 1648 blieb Wildenbruch Ordensbesitz. Danach folgten für das Schloss wechselnde Besitzverhältnisse. So kam es 1680 zur Brandenburgischen Markgrafenschaft Schwedt. Im Jahr 1788 ging es in den Besitz des Preußischen Königshauses über und wurde später dem Kaiser zugesprochen. Zuletzt bewohnte es der Domänenpächter.

Das Gut gehörte dem Großvater mütterlicherseits von Prinz Louis Ferdinand von Preußen (1772–1806). Die nicht ebenbürtigen Kinder des preußischen Prinzen erhielten den Namen „von Wildenbruch“ und wurden im Jahr 1810 in den erblichen, preußischen Adelsstand erhoben. Theodor von Fontane hatte ein Gedicht über Prinz Louis Ferdinand verfasst. Es ist ein späteres Werk des bekanntesten Schriftstellers des Realismus in Deutschland, der berühmt war für seine Gedichte und Romane, die das Leben und die Gesellschaft in Preußen beleuchteten.

Stettiner Museumsbestände
Bis 1945 war der zweiflügelige Bau des Schlosses mit seinem wuchtigen Bergfried königliches Hofkammergut. Im letzten Krieg lagerten die Stettiner Museen Bestände nach Wildenbruch aus, unter anderem die von Gottfried Schadow geschaffene Marmorstatue Friedrichs des Großen. Das Schloss blieb 1945 erhalten, die Inneneinrichtung wurde am Ende des Krieges und danach vernichtet. Später als Getreidespeicher genutzt, verfiel der Gebäudekomplex zusehends.

Nach der politischen Wende kam es in den Besitz eines holländischen Unternehmers, der leider nichts unternahm, um den Verfall aufzuhalten. Dächer wurden zerstört, dadurch nahmen die wertvollen Stuckdecken großen Schaden, und noch vorhandene Einbauten wie Treppen verschwanden einfach. Es war höchste Zeit, einen Rettungsversuch zu starten.

Neuer Verein gab Anstoß
Am 24. Februar 2010 schlossen sich neun Personen in Berlin zur Gesellschaft Schloss Wildenbruch/Swobnica e.V. zusammen und stellten damit ihr Engagement für das stark vom Verfall bedrohte Kulturdenkmal auf eine neue Stufe. Alle von ihnen zuvor seit 2005 unternommenen informellen Versuche zur Rettung des Baus waren fehlgeschlagen, und man war nun überzeugt, dass künftig allein in der festen Struktur eines Vereins Erfolge zu erzielen sein würden.

Diese Überlegung hat Früchte getragen. Sofort nach seiner Gründung legte der Verein sein Gewicht und seine Energie darauf, eine Überführung der Anlage aus privatem Besitz in die öffentliche Hand zu erreichen. Mit der Übernahme des Schlosses durch die Gemeinde Bahn [Banie] im November 2011 wurde dieses erste wichtige Ziel erreicht. Durch Förderungen des polnischen Kulturministerium in Warschau und aus Mitteln der Woiwodschaft Westpommern konnten in den Folgejahren Dachstuhlreparaturen und Erneuerung der Dächer durchgeführt werden, auch der Bergfried wurde restauriert und kann jetzt bestiegen werden. Von seiner Plattform aus genießt der Besucher einen weiten Blick ins Wildenbrucher Land, über den See und das Waldgebiet ringsum.

Doch für die Restaurierung des gesamten Gebäudekomplexes werden noch erhebliche Mittel benötigt, um das wertvolle kulturelle Erbe zu erhalten. Der Verein „Gesellschaft Schloss Wildenbruch/Swobnica e.V.“ setzt sich weiterhin dafür ein. Möge es gelingen, das Kulturerbe zu bewahren.

www.schloss-wildenbruch.de


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