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Unverzichtbarer Baustein im Energiemix: Die Kernkraft. Im Bild das AKW Isar-2 in Niederbayern
Foto: imago/blickwinkelUnverzichtbarer Baustein im Energiemix: Die Kernkraft. Im Bild das AKW Isar-2 in Niederbayern

Debatte

Ohne Atomkraft kein Ausbau der „Erneuerbaren“

Wolfgang Müller-Michaelis
03.04.2023

Einer meiner Aphorismen aus Studententagen lautet: „Unwissenheit und Fantasie sind zwei gefährliche Schwestern.“ Nachdem er in den 1960er Jahren eher aus der Beobachtung von Randerscheinungen der Politik entstanden war, kann dieser so unscheinbar daherkommende Spruch zwei Generationen später zu meinem Erschrecken als exemplarisch für die Charakterisierung weiter Teile des politischen Entscheidungshandelns herangezogen werden.

Es ist schon nicht mehr Verärgerung geschweige denn Empörung über das, was einem alltäglich von Politikern, die über Wohl und Wehe unseres Landes zu befinden haben, in den Medien an Aussagen und Stellungnahmen zu den zur Lösung anstehenden Problemen zugemutet wird. Vielmehr stellt sich immer wieder ungläubiges Erstaunen ein, wenn von Repräsentanten eines Staates, der immerhin zu den führenden Industrienationen der Welt gehört, in öffentlichen Auftritten Ansichten über grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge geäußert werden, die bar jeder fachlichen Expertise und nicht selten einfach hanebüchen sind.

Faktenfreier Politikersprech

Gerade ist die Grünen-Vorständin Kathrin Göring-Eckardt (zum wievielten Male?) bei „hart aber fair“ dabei, die Kernenergie in der ihr eigenen Art „abzuwickeln“. Selbst wenn man die Kernkraftwerke am Netz behalten wolle, seien ja keine neuen Brennstäbe da. Und der Vorzeigekandidat der Atomenergienutzung Frankreich habe seine AKW im letzten Sommer abschalten müssen und sei von Deutschland mit Strom versorgt worden. Dazu passt ein Zitat von „KGE“, dass zu den Klassikern jener Statements gehört, die nach bestem Wissen und Gewissen mit der Gewichtung gemacht werden, dass das Gewissen dabei über hundert Prozent, das Wissen hingegen bei unter null auszumachen ist: „Je mehr Atomstrom produziert wird, umso weniger kommen die erneuerbaren Energien ins Netz. Weil der Atomstrom die Leitungen dann quasi verstopft. Wer das nicht berücksichtigt, ist für mich kein guter Klimaexperte.“

Könnte man solche Fantastereien noch als kabarettreif einordnen, gibt es Aussagen, zumal wenn sie von der Parteivorsitzenden der Grünen Ricarda Lang kommen, die man nur mit Kopfschütteln, wohl auch mit einer gewissen Beängstigung zur Kenntnis nimmt: „Wir setzen voll auf erneuerbare Energien. Sonne und Wind gehören niemandem. Damit machen wir uns unabhängig von Ländern wie Russland. Sonne und Wind schützen so am Ende sogar unsere Demokratie.“

Dass Sonne und Wind besonders geeignet sind, unsere Demokratie zu schützen, mag durchaus sein, ob sie aber in der Lage sind, den heute schon großen und zukünftig dynamisch ansteigenden Energiehunger eines der führenden Industrieländer der Welt zu decken, steht in den Sternen, zumal die Erneuerbaren es trotz starker staatlicher Förderung bis heute auf nur 17 Prozent des deutschen Primärenergieverbrauchs gebracht haben.

Gerade wenn man in Anerkennung der klimapolitischen Prioritäten für einen so stark wie möglichen Ausbau der Erneuerbaren eintritt, gehört es zum Anspruch an eine glaubwürdige Politik, zu erkennen, dass sie es aus physikalischen, ökonomischen und sozialen Gründen allein nicht schaffen können, die Energieversorgung eines Industrielandes zu sichern. Da man von den fossilen Energien aus übergeordneter klimapolitischer Notwendigkeit keine markante Entlastung erwarten darf, bleibt beim heutigen Stand der Technik nur die Kernenergie, zumal sie sich dadurch auszeichnet, nicht nur versorgungssicher, sondern auch umwelt- und klimaschonend und vergleichsweise kostengünstig zu sein.

Die Welt setzt auf die Kernenergie

Das ist der entscheidende Grund dafür, dass nicht nur die Mehrheit unserer europäischen Nachbarn, sondern alle Indus­trieländer weltweit (inklusive des Fuku­shima-geschädigten Japan) bei der Langfristplanung ihrer Energieversorgung auf die Kernenergie setzen. Dass dies in Deutschland so wenig bekannt ist, mag an dem Umstand liegen, dass in den die öffentliche Meinung weitgehend prägenden Redaktionsstuben der Massenmedien, vor allem in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, nach Befunden der Medienforschung Journalisten mit grüner Orientierung überproportional vertreten sind.

Nicht einmal die Tatsache, dass der Weltklimarat IPCC in seinen Sachstandsberichten, wie jüngst wieder, die Kernenergie als Teil der Lösung gegen den Klimawandel sieht, finden die deutschen Leitmedien der Mitteilung wert. Nachdem vor Jahren durchsickerte, dass auch der Weltstar der Klimaaktivisten, Greta Thunberg, unter Berufung auf den Weltklimarat für die Kernenergie eintrat, ist sie kaum noch in den deutschen Medien präsent. Sie kann sich im Übrigen auch auf die guten Erfahrungen in ihrer Heimat berufen, denn die schwedische Stromproduktion basiert trotz Segnung des Landes mit starker Ausstattung durch die erneuerbare Ressource Wasserkraft zu einem Drittel auf Kernenergie.

• Prof. Dr. Wolfgang Müller-Michaelis war Generalbevollmächtigter der Deutschen BP AG Hamburg (bis 1991) und nach der deutschen Einheit Energiebeauftragter der Sächsischen Staatsregierung Dresden/Organisation der Braunkohlesanierung in den Revieren Lausitz und Westsachsen. Er ist Verfasser zahlreicher energiepolitischer Beiträge.
www.muemis-bloghouse.de


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Kommentare

Paul Linde am 18.06.23, 09:08 Uhr

Wenn hier demnächst alle ihre Gartenkühlschränke anschalten sollen (von den Öko-elektrischen Rollstühlen ganz zu schweigen), frägt man sich als Realist schon, woher denn der ganze Strom wohl kommen soll? 500 000 zusätzliche Geräte sollen es laut Bundesregierung pro Jahr werden. Bei einer durchschnittlichen Energieaufnahme von 2 bis 4 kW kann man sich ausrechnen was das dann wohl bedeutet, wenn im Winter plötzlich alle die Bude warm haben wollen! Da fallen mir eben doch vorwiegend die Kernkraftwerke in Frankreich, Tschechien, Schweden und der Schweiz ein. Denn nur mit Windkraft und Solaranlagen allein ist in diesem Fall der Blackout wohl vorprogrammiert! Das ist ja im Grunde genommen nicht wirklich schlimm, aber es bleibt am Ende eben doch die bittere Erkenntnis, daß man das weiß Gott billiger hätte haben können!

Heiko Rübener am 05.05.23, 11:16 Uhr

Wolfgang Müller-Michaelis.
Einer Ihrer Aphorismen aus Studententagen lautet: „Unwissenheit und Fantasie sind zwei gefährliche Schwestern.“ Wie Recht Sie doch haben. Es gibt noch mehr dieser Pärchen, die geradezu Morgenluft schnuppern. Kompetenzlos und einfältig ist noch harmlos, gefährlicher wird es schon bei dumm und fleißig. Abgesehen von wirtschaftlichen Schäden bis hin zum Totalausfall, die ich als Laie so garnicht abschätzen kann, bleibt mir immer noch die Scham, wenn vor aller (Welt-)Öffentlichkeit beklagt wird, dass der Atomstrom die Leitungen verstopfe, was jeder doch mit eigenen Augen sehen könne, wenn am helllichten Tage die Windräder still stünden.

Dr. Dr. Hans-Joachim Kucharski am 17.04.23, 08:13 Uhr

Trotz des Unglücks in Fukushima in 2012 und einer langfristig geplanten ‚Kehrtwende’ waren in Japan in 2020 noch sechs Kernkraftwerke zur Stromerzeugung in Betrieb und fünf weitere sind derzeit noch geplant. Obwohl es in der Nähe unserer Kernkraftwerke weder Tsunamis gibt, noch eine höhere Erdbebengefahr besteht, und wir die höchsten Sicherheitsstandards haben, wird bei uns auf Kernkraft gänzlich verzichtet.
Wegen zu erwartender hoher Stromkosten planen deutsche Industriebetriebe die Verlegung ihrer Produktion ins Ausland. Die daraus resultierenden künftigen Arbeitslosen (einschließlich der zuarbeitenden) können sich bei „Atomkraft? Nein danke!“ bedanken.
Übrigens 1: Ist eigentlich gänzlich auszuschließen, daß die derzeit vielleicht nur aus Kostengründen entsorgten niedrigstrahkenden Brennelemente eines Tages doch noch zur Stromerzeugung genutzt werden können?
Übrigens 2: Der Verdacht liegt nahe, daß Kernkraftwerke nur deswegen ‚Atomkraftwerke’ genannt wird, damit sie von Hysterikern und der unkritischen Masse mit ‚Bombe’ assoziiert werden.

Paul Freihofer am 11.04.23, 00:42 Uhr

Wir gehen dem Untergang entgegen, weil wir nicht erkennen wie wir von unseren Parteien (SPD, GRÜNE, LINKE) dem Kommunismus zugeführt werden . Mit 2,5 Billionen Staatsschulden gibst es kein entrinnen aus dem Absturz.

Cornelius Angermann am 03.04.23, 14:06 Uhr

Warum wohl, denken Sie, haben es so viele Dummköpfe in die höchsten Ämter unserer Regierung geschafft? Genau: die sollen und wollen gar keine Fachkenntnisse haben, damit sie ihre irre Agenda (irre nur für die, die das bezahlen müssen, nicht für die, die davon profitieren!) gnadenlos durchziehen, ungetrübt von irgendwelchen Zweifeln.
Und leider gibt es sogar bei denen, die das bezahlen müssen, genügend Dummköpfe, die das unterstützen!

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