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Fröhliche Runde mit Suchtmitteln Bier und Zigarette: Kneipenleben in den 50er Jahren
Foto: Dorfarchiv DüdinhgausenFröhliche Runde mit Suchtmitteln Bier und Zigarette: Kneipenleben in den 50er Jahren

Gerstensaft

„Pils kommt von hier, Export aus dem Revier“

Der Siegeszug der sauerländischen Bierkultur – Alkoholgetränkte Sonderausstellung im Museums- und Kulturforum Südwestfalen

Ansgar Lange
20.09.2024

Zu Beginn des Rundgangs durch die Ausstellung „Frisch gezapft! Das Bier und wir“ begegnet man den Konterfeis von Hugh Hefner und Dennis Schröder. Nanu, was haben denn der Gründer und Chefredakteur des US-amerikanischen Männermagazins „Playboy“ und der deutsche Basketballstar mit dem blonden Gerstensaft zu tun? Der Nachname des verstorbenen „Playboy“-Machers verweist auf den Beruf des Hefners. Dieser gehörte zu den klassischen Brauberufen. Der Hefner ist Hefehändler, der die Brauer mit Hefe versorgt. Und der Name Schröder kommt vom Verb „schroten“, eine schwere Last bewegen. So wurde jemand bezeichnet, der Wein- oder Bierfässer transportierte.

Auch mit weiteren prominenten Namen wie Wolf Biermann (kann sowohl ein Bierbrauer als auch Bierhändler sein) erläutern die Ausstellungsmacher auf zeitgemäße und pfiffige Weise einige Grundbegriffe rund ums Bier.

Plakativ formuliert, könnte man festhalten: Die Schau im Arnsberger Sauerland-Museum erzählt die Geschichte, wie Schalke Dortmund schlägt – und zwar nachhaltig. Dies ist zwar übertrieben, doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn lange Zeit war Dortmund die Bierstadt Nummer 1 in Europa. „Dortmund verschafft sich in den ersten 25 Jahren nach dem Krieg in ganz Europa Wertschätzung als unangefochtene Hochburg des Export-Bieres“, schreibt Ulrich Biene in seinem Buch „Frisch gezapft! Bier-Kultur in Nordrhein-Westfalen“ (Klartext-Verlag, Essen 2021, 160 Seiten, 29,95 Euro). Dortmunder Bier galt als nicht so herb wie die im Sauerland gebrauten Biere Pilsener Brauart wie Veltins oder Warsteiner. Dortmunder Union Bier, Hansa, Thier oder DAB (Dortmunder Actien-Brauerei) floss nicht nur in Strömen durch die Kehlen durstiger Bergmänner oder Stahlarbeiter, auch den bodenständigen Sauerländern schmeckte der Gerstensaft aus dem „Pott“.

Die traditionsreichen Privatbrauereien aus Grevenstein (Veltins), Krombach (Krombacher) oder Warstein (Warsteiner) hatten es zunächst schwer, sich selbst auf ihrem südwestfälischen Heimatmarkt, also vor allem im Sauer- und Siegerland, gegen die Konkurrenz aus der Ruhrgebietsmetropole zu behaupten. Die Lieferkonditionen von Union, DAB, Thier und Co. waren oft unschlagbar.

Doch die alten Großbrauereien taten zu wenig für die Markenbildung und die Pflege ihrer Markeninhalte. Und so wuchsen im Sauerland die bäuerlichen Betriebe und Familienunternehmen. Die Gastronomie war in den 1950er Jahren der Treiber, der den dortigen Brauereien zu einem immer höheren Ausstoß von Fassbier-Hektolitern verhilft. In der Arnsberger Ausstellung finden sich etliche Fotos, die die damalige Kneipenherrlichkeit im Sauerland illustrieren. Auch eine alte Theke mit dunklem Holzschrank ist dort aufgebaut, hinter der Scheibe befindet sich eine große Box der Zigarettenmarke „Reval“. Und auf der Schiefertafel rechts daneben steht mit Kreide geschrieben, dass man neben einem frischen Veltins auch bescheidene Köstlichkeiten wie eingelegte Soleier und Frikadellen genießen konnte.

Heute machen viele Holländer im „Land der Tausend Berge“, wie das Sauerland auch genannt wird, Urlaub. Doch auch bei den hart arbeitenden Menschen aus dem Ruhrgebiet war ein Ausflug ins nahe Sauerland schon in den 50er Jahren beliebt. Mit dem DKW oder VW-Käfer war man in zwei Stunden dort, schätzte die Gastronomie und Geselligkeit und trank in der Regel Dortmunder Bier. „Pils kommt von hier, Export aus dem Revier“, wie es Biene griffig formuliert.

Doch ungefähr zur Mitte der 1960er Jahre greifen die Gäste immer mehr zum Bier Pilsener Brauart mit der feinherben Hopfennote. Nach der „Fresswelle“ – verständliche Folge der Entbehrungen und des Hungers infolge des Krieges – setzte sich eine Gastronomiekultur durch, die mehr auf Qualität setzte. Insbesondere dem heutigen Schalke-Sponsor Veltins gelang es, in diesem Umfeld geschickt zu agieren. „Das Veltins-Pilsener wird zelebriert! Mit einem feinstieligen Kelchglas hebt sich das Bier aus der kleinen Brauerei in Grevenstein wohltuend vom Export-Bier im Glasbecher der Dortmunder Dickschiffe ab“, so Biene.

Gegen Ende der 80er Jahre übernahm Warsteiner die Marktführung in Deutschland, zur Jahrtausendwende Krombacher aus dem siegerländischen Kreuztal. Und die im Jahr 1824 gegründete Brauerei Veltins steht heute deutschlandweit sicher für das Bier aus der Heimat des aktuellen CDU-Oppositionsführers Friedrich Merz.

Während das 200-jährige Bestehen der Veltins-Brauerei aus Meschede-Grevenstein der Anlass für die Sonderausstellung ist, so wird dort auch die gesamte Entwicklung der spezifischen Bierkultur im Sauerland mit seinen vielen Kneipen, Gasthöfen und Schützenfesten thematisiert. Ein Besuch im Sauerland-Museum lohnt sich auf jeden Fall, zumal es 2019 zu einem Museums- und Kulturforum Südwestfalen aufwendig ausgebaut wurde.

Die Ausstellung verlässt man jedenfalls mit gehörigem Bierdurst, den man dann in den Kneipen der mittelalterlich geprägten Arnsberger Altstadt stillen kann. Die Schlossruine auf dem Arnsberger Schlossberg ist nur ein paar Gehminuten entfernt und bietet einen großartigen Blick auf die Stadt.

Bis 29. September im Sauerland-Museum des Hochsauerlandkreises, Alter Markt 24–30, 59821 Arnsberg, Eintritt: 8 Euro.
www.sauerland-museum.de


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