31.10.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Buchillustration zu „Der kleine Muck“
Bild: MauritiusBuchillustration zu „Der kleine Muck“

Märchen

Potz Mekka und Medina

Vor 200 Jahren erschien Wilhelm Hauffs „Märchen-Almanach auf das Jahr 1826“

Veit-Mario Thiede
31.10.2025

Am 5. November 1825 veröffentlichte der Dichter Wilhelm Hauff seinen „Märchen-Almanach auf das Jahr 1826“. In ihm finden sich zwei Geschichten, die wohl jeder kennt: die von Kalif Storch und die vom kleinen Muck. Der 1802 in Stuttgart geborene und dort bereits 1827 gestorbene Hauff war ein äußerst fleißiger Autor. In nur wenigen Schaffensjahren schrieb er drei Romane wie „Lichtenstein“, etliche Novellen und drei Märchen-Almanache, die er ab 1825 herausgab.

Im vor 200 Jahren erschienenen Almanach gibt es eine Rahmenhandlung mit dem Titel „Die Karawane“. Besitzer der Karawane sind fünf Kaufleute. Bei ihrem Zug durch die Wüste schließt sich ihnen ein Fremder namens Selim Baruch an und schlägt vor, dass sie sich Geschichten erzählen. Der Fremde geht mit gutem Beispiel voran und gibt die lustige Geschichte von Kalif Storch zum Besten. Der Kalif und sein Großwesir fallen auf einen Zauberer herein, verwandeln sich freiwillig mittels eines Pulvers in Störche – und vergessen vor lauter Lachen das Zauberwort für die Rückverwandlung, sodass Kalif Storch flucht: „Potz Mekka und Medina!“ Aber sie haben Glück, denn sie begegnen einer in eine Nachteule verzauberten Prinzessin, die weiß, wie man gemeinsam aus der Misere kommt.

Gruselig ist die Geschichte von dem Gespensterschiff. Ein schiffbrüchiger Kaufmann und sein Diener retten sich auf ein umhertreibendes Schiff. Auf dem blutüberströmten Deck liegt die tote Mannschaft. Der Kapitano aber ist mit einem durch die Stirn getriebenen Nagel an den Mast gebannt.

Unerhört makaber ist die Geschichte von der abgehauenen Hand. Der griechische Kaufmann und Arzt Zaleukos erzählt, warum ihm die linke Hand fehlt. Er nahm von einem maskierten Unbekannten 400 Goldstücke an, der ihn aufforderte, einer Toten den Kopf abzunehmen. Tatsächlich aber schnitt der getäuschte Zaleukos einer Schlafenden die Kehle durch. Zur Strafe wurde ihm die Hand abgehackt. In der nächsten Geschichte geht es um die Errettung der entführten und in einen Harem verkauften Fatme. Sie gelang ihrem Bruder nur, weil ihm der edle Räuberhauptmann Orbasan beistand.

In einem anderen Märchen spielt der Schneidergeselle Labakan einen falschen Prinzen. Letztlich kommt der echte Prinz doch noch zu seinem Recht, sieht aber von einer Bestrafung Labakans ab: „Treue gegen den Freund, Großmut gegen den Feind.“ Unversöhnlich zeigt sich hingegen der kleine Muck. Mit Hilfe von Zauberfeigen, die Riesenohren verursachen, nimmt er Rache: „Treuloser König, der du treue Dienste mit Undank lohnst, nimm als wohlverdiente Strafe die Missgestalt, die du trägst. Die Ohren lass ich dir zurück, damit sie dich täglich erinnern an den kleinen Muck.“

Am Ende erteilt Hauff einer zwielichtigen Figur die Absolution. Selim Baruch sagt zu Zaleukos: „Ich bin dir Rechenschaft schuldig.“ Er gibt sich als der edle Räuber Orbasan zu erkennen – und ebenso als der maskierte Unbekannte, der ihn zum Mord an der Schlafenden verleitete. Er bereue das. Zaleukos entgegnet: „Ich vergebe dir von Herzen.“


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS