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Bundestagswahl

Premiere im „Kaiserwahlkreis“

Mit Annalena Baerbock und Olaf Scholz treten in Potsdam zwei Spitzenkandidaten gegeneinander an

Norman Hanert
30.04.2021

In der Geschichte der Bundesrepublik einmalig, kandidieren erstmals zwei Kanzlerkandidaten im selben Wahlkreis. Annalena Baerbock und Olaf Scholz treten beide im Wahlkreis 61 an. Dieser umfasst Potsdam und Teile des Umlands. Scholz und Baerbock sind Zuzügler, wie Tausende Neu-Potsdamer, die vor allem aus Berlin oder den westlichen Bundesländern in die frühere Residenzstadt gezogen sind. Baerbock wohnt mit ihrem Mann und ihren Kindern schon längere Zeit in Potsdams „Nauener Vorstadt“.

Olaf Scholz ist vergleichsweise noch ein Potsdam-Neuling. Er ist erst vor drei Jahren in die Berliner Vorstadt gezogen, in der auch Alexander Gauland zu Hause ist. Scholz folgte mit seinem Umzug seiner Frau Britta Ernst. Die gebürtige Hamburgerin ist seit September 2017 brandenburgische Bildungsministerin. Bereits seit August 2020 ist klar, dass der frühere Hamburger Bürgermeister in Potsdam für die SPD antritt.

Scholz zeigt als routinierter Wahlkämpfer trotz Pandemie viel Präsenz. Im März monierten CDU, Grüne und Linkspartei allerdings, dass der SPD-Kanzlerkandidat bei seinem Wahlkampf eine nicht ganz faire Hilfe durch die SPD-regierte Stadt Potsdam bekommen habe. Anlass waren Fotos der Stadt in sozialen Netzwerken, die Oberbürgermeister Mike Schubert bei Vor-Ort-Terminen zeigten: Während sich der SPD-Bürgermeister über Themen wie Krankenhausfinanzierung und Pandemiebekämpfung erkundigte, war Scholz, offiziell als Bundesminister, mit dabei. Baerbocks Team twittert dazu: „Neutralität im Wahlkampf?“

Liebknecht holte hier 35 Prozent

Bei seinem Wahlkampf vor Ort bewegt sich Scholz auf geschichtsträchtigem Terrain. Bei den Reichstagswahlen im Januar 1912 errang bereits Karl Liebknecht im sogenannten „Kaiserwahlkreis“, bestehend aus Potsdam, dem Osthavelland und Spandau, für die Sozialdemokraten das Reichstagsmandat. Auch insgesamt ging die SPD aus der letzten Reichstagswahl im Kaiserreich als Wahlsieger hervor. Die Sozialdemokraten erzielten seinerzeit einen Stimmanteil von fast 35 Prozent. Eine kürzlich veröffentlichte Forsa-Umfrage sieht die SPD derzeit nur noch bei 13 Prozent, knapp vor FDP und AfD.

Als Direktkandidat in Hamburg-Altona holte Olaf Scholz bei der Bundestagswahl 2005 fast 46 Prozent der Erststimmen. Solche Werte sind im Potsdamer Wahlkreis nicht zu erwarten. Trotzdem stehen die Chancen für ihn gut. Manja Schüle, inzwischen Brandenburgs Wissenschaftsministerin, holte in Potsdam vor vier Jahren das einzige Direktmandat der SPD in den östlichen Bundesländern.

Zum Image als Promi-Wahlkreis tragen nicht nur Scholz und Baerbock bei. Auch die ehemalige FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg und Brandenburgs frühere CDU-Landeschefin Saskia Ludwig treten in Potsdam an. Ludwig hat bei der Bundestagswahl 2017 im Wahlkreis 61 fast ein Viertel der Erststimmen errungen.

Dass die CDU-Politikerin im September nochmals so erfolgreich abschneidet, ist nicht nur wegen der aktuellen Umfrageschwäche der Union fraglich. Der Wahlkreis 61 wurde aufgrund der Bevölkerungsentwicklung vergangenes Jahr neu zugeschnitten. Seitdem gehört die Havelstadt Werder, bislang eine CDU-Hochburg, zu einem anderen Kreis. Traditionell ein eher schwieriges Pflaster ist der Potsdamer Wahlkreis für die AfD. Bei der Bundestagswahl 2017 holte ihr Kandidat René Springer aber immerhin zwölf Prozent der Erststimmen. Er lag damit sogar vor Baerbock, die nur acht Prozent Erststimmen bekam.

Umstrittener Linkspartei-Kandidat

Für die Bundestagswahl im September tritt für die AfD der Drehbuchautor und Filmproduzent Tim Krause an. Der gebürtige Franke hat zeitweise in Potsdam studiert. Mittlerweile wohnt Krause wieder hier. Die Linkspartei kann insbesondere in den Plattenbauvierteln der Landeshauptstadt noch immer auf Stammwähler rechnen. Für die Partei tritt im Potsdamer Wahlkreis erneut der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller als Direktkandidat an. Bei seiner Nominierung im vergangenen September lag er mit großem Vorsprung vor zwei Gegenkandidaten. Bei den Genossen hat ihm offenbar die Mitgliedschaft in der linksextremistischen „Roten Hilfe“ nicht geschadet.

Gleiches scheint für den Skandal um die Nutzung der Bundestagsfahrbereitschaft zu gelten. Im Jahr 2016 war öffentlich geworden, dass der Abgeordnete Müller den Fahrdienst des Parlaments häufiger beansprucht hatte als der damalige Linkspartei-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Mit dabei waren auch Fahrten zum Abholen seines Kindes aus der Kita, zu einem Volleyball-Platz und vom Flughafen Berlin-Tegel nach Hause.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 30.04.21, 10:51 Uhr

Ich sach ma so:
Das ist eine Wahl zwischen pest und Cholera.
Und in einer unverbesserlichen Stasi-Zentrale 12% für einen AfD.-Kandidaten eher olympisch.

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