Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Die Rügensche Bäderbahn war zum Jubiläum ganz historisch unterwegs
Pommern und die Eisenbahn – das ist zweifellos auch auf dieser Seite ein äußerst interessantes Kapitel für sich. Denn: Obgleich eine Bahnverbindung zwischen Berlin und Stettin bereits im Jahr 1843 zustande kam, so hat der Ausbau des pommerschen Eisenbahnnetzes – nach der gescheiterten Erschließung von Stralsund als Privatbahn und der Weiterführung der Bahnverbindung von Stettin nach Köslin (in Richtung Danzig) doch verhältnismäßig spät, dann allerdings recht umfangreich begonnen.
Dazu hatten sich in den 1890er Jahren zahlreiche Städte und Kreise zusammengeschlossen, um die Schmalspurbahnen mit einer Spurbreite von 750 Millimeter zu bauen. Sie dienten vor allem den Gütern bei der Anfahrt von Düngemitteln, Kraftfutter oder Maschinen sowie beim Transport ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Organisiert in Verbänden erschlossen die Kleinbahnen so Stück für Stück die pommersche Provinz und schufen das vielleicht dichteste deutsche Schmalspurbahnnetz ihrer Zeit.
Während die Schmalspurbahnen im pommerschen Hinterland jedoch im Wesentlichen dem Gütertransport dienten, ermöglichten sie in Küstennähe pommerschen Seebädern erst eine nennenswerte landseitige verkehrstechnische Erschließung. So entstand auf der Insel Rügen beispielsweise zwischen 1895 und 1899 ein Schienennetz, welches 1918 mit etwa
100 Kilometern seine größte Streckenlänge erreichte. Zu den wirtschaftlich lukrativsten Strecken zählt dabei die noch heute existierende Kleinbahnverbindung Putbus–Göhren.
Aufgebaut durch die Stettiner Firma Lenz & Co, die das Kleinbahnnetz bis 1910 betrieb, wurde der erste Teilabschnitt zwischen den Seebädern Putbus und Binz bereits am 21. Juli 1895 eröffnet. Anlässlich dieses Ereignisses erfolgte genau
130 Jahre später, am 21. Juli 2025, der Einsatz von vier Traditionszügen auf dieser Strecke. Der erste Zug kam natürlich pünktlich um 11.39 Uhr in Binz an. Mit dabei waren Reisende in historischer Kleidung, darunter Soldaten des 5. Pommerschen Infanterie-Regiments Nr. 42.
Und noch ein Jubiläum gab es zu feiern. Im Einsatz befand sich beim Jubiläum als Zugmaschine der Traditionszüge die Dampflok „53 Mh“ (99 4633), die vor 100 Jahren von der Stettiner Vulcan AG gebaut wurde. Die im „grünen Gewand“ schnaufende Heißdampflokomotive war eine von drei Dampfrössern der Gattung „M“ und „Mh“, die nach dem Zweiten Weltkrieg nicht als Reparationsleistung in die damalige Sowjetunion gingen. Weiterer Glücksfall: Die Kleinbahn blieb auch nach 1945 auf Rügen erhalten.
Obgleich das Rügensche Netz der Schmalspurbahn sich massiv reduzierte – etappenweise wurden die Strecken Putbus-Altefähr (bis 1967) und Bergen-Altenkirchen (bis 1970) stillgelegt – konnte der Betrieb auch zur Zeit der DDR erhalten werden. Damals erhielt die Kleinbahn nicht nur den Beinamen „Rasender Roland“, sondern die Schmalspurbahn auch ihren Denkmalschutz (1976). Sie ist somit in Vorpommern die letzte verbliebene Kleinbahn – zur Freude der Pommern und ihrer Gäste.
Im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs fährt die Kleinbahn täglich mit 30 Kilometer Geschwindigkeit von Putbus über Binz, Sellin und Baabe nach Göhren. An rund 180 Tagen im Jahr zusätzlich auch von Lauterbach Mole. Eine Fahrt in diesem nostalgischen Zug ist stets ein Erlebnis und man lässt dabei ganz entspannt die wundervolle Landschaft Rügens an sich vorbeiziehen.