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Kultur

Schlesische Töne

Beethovens fruchtbarer Aufenthalt in Schlesien. In Oberglogau begann er seine „Schicksalssinfonie“

Ingolf Au und Michael Ferbe
02.09.2020

Der Nachname legt es nahe: Familiär hatte der vor 250 Jahren in Bonn geborene Ludwig van Beethoven eine Verbindung zu den Niederlanden, denn er entstammte einer eingewanderten Musikerfamilie. Manche andere halten ihn für einen „halben Österreicher“, da er von 1792 bis zu seinem Tod 1827 in Wien lebte und wirkte. Den Wenigsten ist aber bekannt, dass der Komponist auch eine besondere Beziehung zu Schlesien hatte.

Genau genommen, begann es im Juli 1792. Damals spielte der 21-jährige Beethoven in der Godesberger Redoute vor seinem älteren Kollegen Joseph Haydn. Man verabredete, dass Beethoven eine zweite Studienreise nach Wien unternehmen und dort Meisterschüler von Haydn werden sollte – und so geschah es auch. Noch heute erinnert eine Stele in der Nähe der Redoute an diese Begegnung.

1792 war Godesberg, seit 1926 Bad Godesberg, noch eine selbstständige Stadt, und so plante der Verein Kunst & Kultur Bad Godesberg e.V. vom 28. bis 30. August sogar ein eigenes Kurfürstliches Beethovenfest zu veranstalten. Die Kreisgruppe Bonn e.V. der Landsmannschaft Schlesien war eingeladen, mit einem Stand daran teilzunehmen. Wegen Covid-19 hat man das Fest auf den 27. bis 29. August des kommenden Jahres verschoben.

Aber wie kam denn nun die Verbindung Beethovens zu Schlesien überhaupt zustande? Verschiedene Umstände und Ereignisse führten dazu, dass Beethoven sich nach seiner Ankunft in Wien dort auf Dauer niederließ. Dank seines außergewöhnlichen Talents und seiner Bekanntschaft zu Haydn gelang es ihm, Kontakte zu den höchsten gesellschaftlichen Kreisen der habsburgischen Metropole zu gewinnen, insbesondere zu Karl Fürst Lichnowsky, der ihn finanziell unterstützte und ihm damit ermöglichte, sich ganz auf seine Musik zu konzentrieren.

Beethoven widmete dem Fürsten unter anderem die Klaviersonate Nr. 8 in c-Moll, op. 13, die „Pathétique“, und die Sinfonie Nr. 2 in D-Dur, op. 36. Im Herbst 1806 lud der Fürst ihn auf sein Schloss Grätz bei Troppau in Österreichisch-Schlesien ein, wo er seine 4. Sinfonie in B-Dur, op. 60, vollendete.

Wegen Napoleon kam es zum Eklat

Noch im Oktober 1806 erhielt Beethoven eine Einladung von Reichsgraf Franz von Oppersdorf, den er über Karl Fürst Lichnowsky kennengelernt hatte, auf dessen Schloss Oberglogau in Oberschlesien, Preußisch-Schlesien. Dem Reichsgrafen widmete Beethoven später seine 4. Sinfonie. Außerdem begann Beethoven auf dessen Oberglogauer Schloss seine 5. Sinfonie in c-Moll, op. 67, die „Schicksalssinfonie“, die er 1808 in Wien abschließen konnte. In Schlesien wurde die „Schicksalssinfonie“ zum ersten Mal bereits im Jahr 1809 in der Aula Leopoldina der Breslauer Universität gespielt.

Während Beethovens Aufenthalt in Oberglogau waren auf Schloss Grätz französische Offiziere einquartiert worden, und so kam es nach seiner Rückkehr nach Troppau zu einem gewaltigen Eklat: Beethoven war anfangs von Napoleon wegen dessen republikanischen Ideen begeistert gewesen, inzwischen aber von dem absolutistischen Kaiser schwer enttäuscht und heftig über ihn erzürnt.

Als Fürst Lichnowsky nun Beethoven bat, vor den französischen Offizieren zu spielen, weigerte dieser sich heftig und flüchtete zu Fuß nach Troppau. Durch Vermittlung von Maria Christine Fürstin Lichnowsky wurde die Beziehung zwischen Beethoven und dem Fürsten später wieder in Ordnung gebracht.

Im Herbst 1811 folgte Beethoven einer erneuten Einladung des Fürsten auf Schloss Grätz, der eine Aufführung von Beethovens Messe in C-Dur, op. 86, in Troppau organisiert hatte. Außerdem hielt sich Beethoven in den Jahren 1806 und 1811/12 viele Monate in Böhmischen Bädern auf, um Besserung für seine Gesundheit zu erreichen. Dies alles hat nicht zuletzt auch zu schlesischen Spuren in seinen Werken, wie zum Beispiel in seinem einzigen vollendeten Violinkonzert in D-Dur, op. 61, geführt.

Auch wenn Beethoven weit davon entfernt war, ein „halber Schlesier“ zu sein, so finden sich doch auch schlesische Töne in seinem Werk wieder.


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