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Brüssel hat in Sachen Wolfschutz geliefert – nun ist Berlin am Zug, endlich passend zu reagieren
Das Europäische Parlament hat in einer Eilentscheidung zur Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie entschieden, den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu senken. Die Ausbreitung des grauen Räubers und die zunehmende Risse von Nutztieren sind dieser Entscheidung vorausgegangen. „Mit der deutlichen Kursänderung beim Wolf ermöglicht Brüssel ein pragmatischeres Vorgehen zum Schutz von Haus- und Weidetieren sowie der Menschen im ländlichen Raum. Wo Wölfe dabei gefilmt werden, wie sie Hoftore überwinden, Hundehalter beim Spaziergang am Ortsrand Wolfskontakt auf Nahdistanz haben und von Wölfen getötete Weidetiere zum traurigen Alltag zählen, schwindet die Akzeptanz für den Artenschutz“, hatte der brandenburgische Bauernpräsident Henrik Wendorff die sich abzeichnende Rechtslage begrüßt.
Doch dass nun der Wolf zum munteren Abschuss freigegeben wäre, ist zumindest in Deutschland nicht der Fall. „Brüssel hat geliefert – jetzt ist Berlin am Zug“, so der Präsident der brandenburgischen Jägerschaft Dirk-Henner Wellershoff. Tatsächlich muss die Bundesregierung für die leichtere Entnahme von Wölfen zunächst das Bundesnaturschutzgesetz ändern und darüber hinaus den „günstigen Erhaltungszustand“ der Wolfspopulation feststellen. Dafür genügen laut Weltnaturschutzorganisation IUCN 1000 adulte Tiere. Es gibt zwar keine Zweifel, dass Wölfe weite Wanderungen zurücklegen und Populationen grenzüberschreitend existieren. Ob aber etwa 1000 geschlechtsreife Tiere beispielsweise in Polen und Deutschland genügen, was schon seit Jahren der Fall ist, oder Deutschland eine eigene Population von 1000 adulten Wölfen festgestellt wissen möchte, ist bislang seitens der bisherigen Bundesregierungen nicht festgelegt worden.
In Brandenburg sind inzwischen 68 Wolfsterritorien bestätigt, in denen 58 Rudel, acht Paare und zwei Einzeltiere jagen. Ähnliche Daten gibt es für Niedersachsen, wo 56 Rudel, 4 Paare und 3 Einzelwölfe jagen. Drei Jahre zuvor waren es noch 38 Rudel. Und das sind nur die bestätigten Fälle. Hinzu kommt: Die Größe der Rudel kann durchaus variieren und hängt vom Nahrungsangebot ab. Durch Videoaufnahmen bestätigt ist unter anderem, dass das Munsteraner Rudel wenigstens 17 Tiere aufweist. Das Rudel kann recht ungestört auf eine große Wilddichte auf den Truppenübungsplätzen Munster-Nord und Bergen zugreifen. Es jagt aber auch im siedlungsnahen Bereich.
Das Wild verändert sein Verhalten
So hat Anfang Mai eine Sportlerin mutmaßlich einen Wolf gestört, der gerade erst ein Reh gerissen hatte. Der Kadaver war noch warm, als der örtliche Jäger hinzukam. Der stellte zudem fest, dass der Wolf kaum vom Fleisch gefressen, sondern sich offenbar zurückgezogen hatte. Ein Vorfall, der auch anders hätte ausgehen können, da Wölfe ihre Beute in der Regel aggressiv verteidigen. Immer wieder streunen Jungwölfe durch Dörfer. Selbst in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover ist bereits ein Wolf gesehen worden. Solche Sichtungen werden mit wachsender Population weiter zunehmen. Das gilt selbst dann, wenn die Bundesregierung die nationale Umsetzung der europäischen Vorlage vollendet hat und ein Wolfsmanagement aufgebaut ist, denn noch immer bleibt der Wolf (Canis Lupus) geschützt.
Für Millionenbeträge wurden Herdenschutzmaßnahmen durchgeführt. Nicht immer greifen sie, da der Wolf lernfähig ist und selbst zwei Meter hohe Zäune überklettern kann, wie Videos belegen. Zumindest in Niedersachsen haben die Nutztierrisse aktuell ein Niveau erreicht, das nicht weiter zu steigen scheint.
Doch selbst dort, wo diese Vorfälle zurückgehen, macht sich die Anwesenheit des Wolfs bemerkbar. So berichten Jäger von Verhaltensänderungen des Wilds. Wildschweinrotten neigen inzwischen dazu, nicht mehr zu fliehen, wenn Gefahr droht, sondern die wehrhaften Bachen nach außen um die Jungtiere zu positionieren. „Sie bilden regelrechte Wagenburgen“, beschreibt ein Hegeringleiter. Sie stünden abwartend, um dann rasch und aggressiv anzugreifen. Auch das Rehwild verändere sein Verhalten, sei immer häufiger nah am Siedlungsbereich anzutreffen. Die „wolfssicheren“ Zäune hätten noch einen weiteren Negativeffekt: Alte Wildwechsel, die an Straßen auch durch Hinweisschilder erkennbar sind, gelten oft nicht mehr, weil die Wechsel durch die massiven Einzäunungen versperrt sind.
Verlust der Akzeptanz droht
„Es wird Zeit, dass gehandelt wird, Regierung und NGOs spielen Pingpong und nichts passiert“, sagt der landwirtschaftliche Sprecher der AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Alfred Dannenberg. Doch er hat Zweifel, dass die neue Bundesregierung zeitnah Fakten schafft. „Die Personalia Flasbarth spricht dagegen“, verweist er auf den alten, neuen Staatssekretär im Umweltministerium Jochen Flasbarth (SPD). Der frühere Nabu-Präsident gilt als „echter Bremsklotz“.
Sollte die Bundesregierung beim Wolf nicht für eine begrenzende Bestandspflege sorgen, dürfte das für den Räuber ein Bärendienst sein. In dem Verlust von Akzeptanz durch einen nicht mehr zeitgemäßen Schutz sieht der Deutsche Jagdverband die größte Gefahr.