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In Bad Ischl wanderte die Gattin von Kaiser Franz im Sturmschritt die Berge hoch – Heute gondelt man gemütlich mit der Seilbahn
Nein, man muss Sisi und Franz nicht begegnen. Wer in Bad Ischl Urlaub macht, kann einfach die wunderschöne Landschaft mit ihren erfrischenden Seen und Flüssen sowie ihren grünen Aussichtsbergen genießen.
Grün? Kaum ein Gipfel ragt über die Baumgrenze hinaus. Höher, größer, steiler – das sind Steigerungen, die hier im Salzkammergut östlich von Salzburg nicht greifen. Die Faszination liegt im unaufgeregten Detail. Hinter jeder Kurve tun sich neue Bilderbuch-Szenarien auf, die man besser nicht hätte arrangieren können. Und das ganz ohne Royals. Sisi und Franz sind, wenn überhaupt, so vornehm zurückhaltend zugegen, dass der Entdeckergeist erwacht und man sich selbst auf die Suche macht.
Also, wo genau geht es jetzt zum Jainzen? So heißt der Berg hinter der Kaiservilla, den Sisi morgens um fünf zum Frühsport nahm. Die Kaiserin lief quer durch ihre Parkanlage, Besucher suchen sich den Weg am Zaun entlang und dann rechts durch den Wald hinauf. Kehre um Kehre, ein schmaler Pfad. Die Kaiserin soll nur 20 Minuten für die 350 Höhenmeter nach oben gebraucht haben. Wer es in einer Stunde schafft, ist immer noch sportlich unterwegs – und kann gut nachvollziehen, wie die Hofdamen in Sisis Gefolge ins Schwitzen kamen. Und dann noch diese langen Kleider, von den Korsetts ganz zu Schweigen.
Ururenkel von Kaiser Franz lädt ein
Unten lockt Erfrischung. Sisi ging in ihren Pool, heute ein wunderschön angelegtes Park-Freibad. Wer es ursprünglicher mag, springt einfach in den Ischl-Fluss, der direkt aus dem Wolfgangsee fließt. „Jeder hat seinen Lieblingsfelsen oder auch den privaten Strand“, sagt Stephan Köhl, Geschäftsführer des Tourismusverbands Bad Ischl, und lenkt den Blick auf die zum Teil abenteuerlichen Treppenkonstruktionen, die von den Häusern hinunter zum Fluss führen. Viele der Badeplätze sind mit natürlicher Gegenstromanlage ausgestattet – das Wasser hat ordentlich Zug. Die Ischl erreicht im Hochsommer angenehme 22 Grad. Wem das zu warm ist, geht ein paar Schritte weiter und badet in der Traun: „Das ist der Ausfluss des Hallstätter Sees, der mit Gletscherwasser vom Dachstein gespeist wird“, erklärt Köhl: „maximal 18 Grad.“
Sisi würde jetzt noch ein wenig Gymnastik machen, dann reiten und anschließend zu einer ordentlichen Bergtour aufbrechen. „Zehn Stunden Sport pro Tag waren das Standardprogramm“, sagt Ururenkel Valentin Habsburg-Lothringen. Er selbst hält es gern mit seinem Ururgroßvater Franz – und geht auf die Jagd, sofern es die Zeit zulässt und er nicht gerade seiner Tätigkeit in einem Wiener IT-Unternehmen nachgeht, sich ums Erbe oder um die Familie kümmert.
Valentin Habsburg-Lothringen wohnt mit seiner Frau und den zwei Kindern in der Kaiservilla in Bad Ischl. Die privaten Räume sind ein wenig moderner als die öffentlichen. „Aber richtig viel lässt der Denkmalschutz nicht zu“, so der 35-Jährige, dem es ein Anliegen ist, die Geschichte der österreichischen Monarchie zu vermitteln. Das macht er natürlich nicht täglich, aber er springt ein, wenn Not am Mann ist. „Wir sind ein kleiner Betrieb“, erklärt er.
Der Raum, in dem Franz das Manifest „An meine Völker“ schrieb, die inoffizielle Kriegserklärung zum Ersten Weltkrieg, wirkt heimelig. Auf dem Regal stehen Blechfiguren, die an Gartenzwerge erinnern. Spielzeug für die Kinder. Eine Chaiselongue für den Mittagsschlaf, darauf eine gehäkelte Wolldecke. Und natürlich die Lieblingspfeifen des Regenten.
Nicht nur das Schreibzimmer des Kaisers ist unverändert. Die diversen Salons, die Wartezimmer, Sisis Reich: Alles scheint in einen Dornröschenschlaf gefallen und nur gelegentlich entstaubt. „Die Kaiservilla war nie einer anderen Nutzung zugeführt, immer im Besitz der Familie“, so der kaiserliche Nachfahre.
Unterm Treppenaufgang parken Stühle mit Tragegestell. Denn die vornehmen Herrschaften wollten an die frische Luft und auf die Berge. Aber bloß nicht zu Fuß. Sisi war die Ausnahme. „Bis Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Bad Ischl das Gewerbe der Sesselträger“, führt der Hausherr aus. Seit nunmehr 60 Jahren gibt es die „Katrin Seilbahn“. Wer mit ihr auf den Herzberg von Bad Ischl gondelt, trifft Katrin. Kein Scherz, nur ein Zufall. Sie bewirtschaftet in der zweiten Saison die Katrin-Alm und wirkt, als sei sie schon immer da gewesen. Dabei kommt die 35-Jährige aus Thüringen – und liebt ganz einfach das Gebirge.
Freilichtmuseum für die Chinesen?
Aber warum kamen eigentlich Kaisers? Weil Mama Sophie sich mit dem Kinderkriegen schwertat und ein Promiarzt, Dr. Wirer, sie zur Salz- und Solekur nach Bad Ischl schickte. Es funktionierte. Sie gebar ihre „Salzprinzen“ – Franz I. am 18. August 1830. Der spätere Kaiser, der bis zu seinem Tod am 21. November 1916 regierte, verbrachte 60 Sommer in Bad Ischl. Seine 1898 in Genf einem Attentat zum Opfer gefallene Sisi war nicht so oft hier.
Schon bevor Kaisers um die fertile Macht wussten, war das Salzkammergut von zentraler Bedeutung. Hier wurden die Staatskassen gefüllt – Salz war über Jahrhunderte als lebensnotwendiges Gewürz und Konservierungsmittel Gold wert. Mehr darüber erfahren Besucher in den „Salzwelten Hallstatt“, dem ältesten Salzbergwerk der Welt, das sich im wahrsten Sinne des Wortes in der Ferienregion Dachstein-Salzkammergut erhebt. Denn mit der Seilbahn geht es zunächst hinauf auf den Salzberg, dann durch Stollen 400 Meter unter Tage, wo sich multimedial die Geschichte bis zur Auffaltung der Alpen erschließt.
Nebenan vom Skywalk „Welterbeblick“ genießt man einen fantastischen Blick hinunter auf Hallstatt (seit 1999 UNESCO-Welterbe) und den Hallstätter See. Noch bekannter ist die Perspektive vom Wasser aus: Kleine Häuser, terrassenförmig an den Berg gebaut, rechts und links von Fels umrahmt. Ein harmonisches Gesamtbild. Das fanden auch die Chinesen, die hier den perfekten Feng-Shui-Ort ausmachten und in ihrer Heimat nachbauen ließen. Seitdem wollen viele das Original sehen. Zu Stoßzeiten kann es eng werden in den schmalen Gassen.
Man erzählt sich, dass es schon Touristen gab, die plötzlich in der Küche standen oder sich im Garten ausruhten, weil sie dachten, ganz Hallstatt sei ein Freilichtmuseum. Vielleicht ein Übersetzungsfehler eines asiatischen Reisebüros? Schwer nachzuvollziehen. Seitens des Tourismusverbands jedenfalls setzt man auf Aufklärungsarbeit vor Ort. Besonderer Tipp: Eines der klassischen Plättenboote mieten, auf denen früher das Salz transportiert wurde – und in aller Ruhe die majestätische Kulisse genießen.
• Weitere Infos www.badischl.at, www.dachstein-salzkammergut.at
sitra achra am 07.09.20, 10:50 Uhr
Kein Übersetzungsfehler, Festlandchinesen sind so. Auch in China selbst zu beobachten.