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Der „Donauwalzer“ tanzt ins All – Ausstellungen und Veranstaltungen zum 200. Geburtstag von Johann Strauss (Sohn)
Walzer links herum, Walzer rechts herum – der Tanz im Dreivierteltakt hat wie kein zweiter die Welt erobert. Jetzt wurde ihm diese zu klein und er reiste ins All. Am 31. Mai übertrug die Europäische Weltraumorganisation (ESA) seinen berühmtesten Vertreter „An der schönen blauen Donau“ aus einem Live-Konzert der Wiener Symphoniker im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien in die unendlichen Weiten des Universums.
Unter Leitung von Chefdirigent Petr Popelka spielte das Orchester an diesem Abend ausgewählte Werke mit galaktischem Bezug. Höhepunkt war der Donauwalzer von Johann Strauss (Sohn). In Echtzeit wurde er an die Weltraumantenne der ESA in Cebreros, Spanien, übertragen, um von dort als elektromagnetische Welle in Lichtgeschwindigkeit (mit 299.792 Kilometern pro Sekunde – der schnellsten Geschwindigkeit, die in unserem Universum möglich ist) ins Weltall zu reisen.
Nach zirka 1,34 Sekunden erreichte die Walzermusik den Orbit des Mondes, nach vier Minuten und 20 Sekunden den Orbit des Mars, nach 37 Minuten den Orbit des Jupiters, nach vier Stunden den Orbit des Neptuns und nach 17 Stunden die Heliopause. Damit verließen die Klänge unser Sonnensystem. Nach 23 Stunden und drei Minuten überholten sie die Voyager 1. Mit mehr als 25 Milliarden Kilometern Entfernung zur Erde ist die NASA-Raumsonde das am weitesten gereiste menschengemachte Objekt im All. Wie weit und wie lange der Strauss-Walzer als menschengemachter Klang durchs Weltall tourt, werden wir wohl nie erfahren.
Die Voyager 1 ist seit 1977 unterwegs und hat zwei goldene Datenplatten mit Bild- und Toninformationen an Bord, um potenzielle außerirdische Wesen mit dem Reichtum der irdischen Zivilisation bekannt zu machen, so auch Musik von Bach und Mozart. Den „Donauwalzer“ hatte man seinerzeit nicht aufgespielt. Dieses Versäumnis wurde jetzt behoben.
Bleibt die Frage, ob Außerirdische, sollte es sie denn geben, den Walzer genauso schätzen wie ihre menschlichen Kollegen. Fiktive Figuren wie Homer Simpson schweben seit Stanley Kubricks Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1968 „2001: A Space Odyssey“ jedenfalls schon im Dreivierteltakt durchs Universum. Ganz real ist „An der schönen blauen Donau“ in der Raumfahrt fester Bestandteil bei Weckrufen und Andockmanövern. Schon während der NASA-Mission 2001 erklang beim Andocken des Space Shuttle „Discovery“ auf der International Space Station (ISS) der „Donauwalzer“ – gilt er international doch als Hymne des Weltraums.
Mit beiden Beinen fest auf der Erde feiert Wien das gesamte Jahr über Johann Strauss (Sohn) (1825–1899) zu seinem runden Geburtstag. In Zahlen bedeutet das: 65 Produktionen an 69 über die ganze Stadt verteilten Orten in zehn Genres: Konzert, Musiktheater, Tanz, Schauspiel, Installation, Ausstellung, Wissenschaft, Zirkus, Performance, Film/Video.
Den klassischen Weg, um in das Leben und Werk des Jubilars einzutauchen, beschreitet das Theatermuseum im Palais Lobkowitz am Lobkowitzplatz 2. Die umfassende Objekt-Schau „Johann Strauss. Die Ausstellung“ wird dabei durch Hörstationen, Rahmenprogramm und einen 288-seitigen Katalog ergänzt. Von der „Fledermaus“ bis zum „Donauwalzer“, vom Privatleben bis zum Familien-Unternehmen, von Reisen nach Amerika bis Russland ist alles dabei.
Selbst zu der wenig erfolgreichen und daher kaum bekannten einzigen Strauss-Oper „Ritter Pásmán“ hat man verschollene Objekte wieder ausgegraben. Jeder der acht Räume besitzt einen besonders gekennzeichneten Höhepunkt. Wertvollstes von allen ist die Original-Partitur der „Fledermaus“ (bis 23. Juni 2025 täglich geöffnet von 10 bis 18 Uhr).
Dem Trend der Zeit folgend, hat auch Wien anlässlich des Jubiläums ein neues audiovisuelles, immersives und interaktives Museum eröffnet. Das „Johann Strauss Museum – New Dimensions“ in der Friedrichstraße 7 im Zentrum der Stadt gegenüber der Secession ist auf Dauer angelegt. Der Name ist Programm. Historische Exponate gibt es hier nicht. Dafür wird das komplexe Leben des Stars in anschaulichen Bildern und schwungvollen Klängen mit neuester Technologie verständlich und unterhaltsam erzählt.
Die 75-minütige Zeitreise beginnt im Jahr 1825 beim als Teufelsgeiger gefeierten Johann Strauss (Vater) und geht – in der Rezeption – über den Tod von Johann Strauss (Sohn) hinaus. Besonders der letzte Raum lässt den Besucher noch einmal in die zentralen Stationen im Leben von Johann Strauss (Sohn) eintauchen, also auf Neudeutsch „immersiv“ erleben (täglich von 10 bis 19/20 Uhr).
Authentisch ist die original erhaltene Wohnung in der Praterstraße 54, die Strauss in den 1860er Jahren bezog. Hier erzählen auch wieder Porträts, Dokumente und persönliche Gegenstände – darunter ein Bösendorfer-Klavierflügel und eine Amati-Geige – aus dem Leben und Werk des Komponisten (Dienstag bis Sonntag von 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr).
Authentisch ist ebenfalls der Strauss-Saal im ehemaligen Casino Zögernitz, der einzige noch erhaltene Original-Konzertsaal, in dem alle vier Strauss-Legenden einst auftraten – Johann Strauss (Vater), Johann Strauss (Sohn), Josef und Eduard Strauss. Er ist Teil des neuen „House of Strauss“, Döblinger Hauptstraße 76, mit Sitz des Wiener Instituts für Strauss-Forschung. Den Besucher erwarten hier ein multimedial inszeniertes Museum, Konzert-Shows und Wiener Küche.
Konzipiert wurde das Zentrum der Wiener Unterhaltungskultur des 19. Jahrhunderts von dem renommierten Atelier Brückner, und befindet sich damit in guter Gesellschaft. Denn die Handschrift des Stuttgarter Architekturbüros prägen keine geringeren Projekte als das Grand Museum of Egypt in Gizeh, das Museum of the Future in Dubai, das Ephesus Experience Museum in der Türkei oder die neu gestaltete Archäologische Staatssammlung München.