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Ehemals Bismarckscher Besitz: In dem damaligen Rittergut ist heute eine Forstschule untergebracht. Das Arbeitszimmer Bismarcks kann besichtigt werden
Foto: Cezarde62-WikimediaEhemals Bismarckscher Besitz: In dem damaligen Rittergut ist heute eine Forstschule untergebracht. Das Arbeitszimmer Bismarcks kann besichtigt werden

Legendär

Varzin – hier wurde Weltpolitik gemacht

Eingebettet in Hinterpommerns Landschaft kann man auch heute auf Bismarcks Spuren unterwegs sein

Torsten Seegert
15.09.2024

Wer in Hinterpommern unterwegs ist, kommt an einem Besuch im Bismarkschen Varzin nicht vorbei. So nutzten wir an einem der Tage von Rummelsburg aus die Gelegenheit, um dem ehemaligen Rittergut (das übrigens nicht als „Warzin“ ausgesprochen wird) einen Besuch abzustatten.

Im Schlawer Land gelegen, unweit von Wipper und dem fischreichen Lantowsee entfernt, war es fraglos ein Paradies mit dem Herrenhaus, Nebengebäuden und einem waldartigen etwa 470 Morgen großen Park. Hier war Otto von Bismarck, der erste Reichskanzler, irgendwie allgegenwärtig. Die Vorstellung fiel nicht schwer, dass der Fürst einst zu Wagen, zu Pferd oder zu Fuß das Umfeld durchstreifte und im Sommer Ruhe und Erholung suchte. Schließlich gab er diesem zuvor unbedeutenden Flecken erst seine auch für die Nachwelt historische Gewichtung. Aufgeladen wurde diese zusätzlich durch Ereignisse, die immer wieder die Ruhe dieses Ortes durchbrechen sollten – wie am 11. Juli 1870, als Bismarck hier den Befehl von seinem König erhielt, nach Ems zu kommen.

Schon damals im Fokus der Presse
Schon damals gab es übrigens ein großes Interesse der Presse an der Politik. Und so reisten auch bereits zu jener Zeit in- und ausländische Korrespondenten nach Schlawe, um den einen oder anderen Eindruck von Varzin zu sammeln und ihre Korrespondenz im Anschluss etwas anzureichern und auszuschmücken, um das Interesse der Leser zu befriedigen. Auch damals war schon mancher Bericht frei erfunden, denn Schlawe lag immerhin drei Meilen von Varzin entfernt, und wenn Bismarck hier weilte, wurde das Herrenhaus auch noch von der Außenwelt durch die Polizei abgeschirmt. Ein Zugang war so nur für amtliche und persönliche Gäste des Fürsten möglich.

Aus diesem Grund musste man sich schon zu jener Zeit etwas einfallen lassen, um nach Varzin zu kommen und vielleicht auch noch einen Blick in das Herrenhaus werfen zu können. So trug es sich Übrigens zu, dass ein Herr Guttzeit die Gunst der Stunde nutzte, als ein Kutscher einen Kreisrichter nach Varzin fahren sollte, um die Untersuchung über den Selbstmord eines Bediensteten Bismarcks aufzunehmen. Dass diese Mitfahrgelegenheit nach dem Anschlag von Eduard Kullmann am 13. Juli 1874 auf Bismarck nicht selbstverständlich war, liegt auf der Hand – Guttzeit hatte aber das Glück, nach Varzin zu kommen und einen Blick in das Herrenhaus zu werfen.

Ähnlich ging es auch uns vor langer Zeit. Denn eine der Begegnungen auf Varzin ließ uns einst mit Peter Manka, dem damaligen „Schlossherren“ der heutigen Fachschule für Forstwirtschaft, bekannt werden. Und so wurde uns das bereits damals in einem guten Zustand befindliche ehemalige Rittergut und sein direktes Umfeld ausführlich gezeigt. Teil der Führung beinhaltete natürlich auch die Eiche, unter der Bismarck mit den Außenministern von Österreich-Ungarn, Gustav Kálnoky, und Russland, Nikolai K. de Giers, verhandelt haben soll.

Das Herrenhaus selbst, mit seinem Turm, der das Treppenhaus zur Erschließung der weiteren Etagen beherbergt, ist noch immer beeindruckend. Im Inneren lassen sich auch noch einige Spuren der Familie von Bismarck finden, denn eingelassen in den Fußboden ist bis heute das Wappen des Fürsten. Uns hatte es damals allerdings die Geschichte des Mausoleums angetan.

Das Mausoleum gibt es nicht mehr
Wir machten den Anstieg zum Kleinen Richtberg. Angekommen, ließen sich immerhin noch die Überreste des Mausoleums in dem Wäldchen finden. Leider sind es aber nur noch die Fundament- beziehungsweise Grundsteine des einstigen Gemäuers. Eine Begehung ist aber möglich. Und da sich die angesprochenen Steine noch dem Grundriss zuordnen lassen, kann man zumindest noch eine Vorstellung zum einstigen Bau entwickeln.

In den 1950ern soll übrigens alles oberhalb dieser Grundmauern in die Luft geflogen sein. So bleibt dem Betrachter heute nur noch eine vage Vorstellung vom Mausoleum, was ein altes Foto aus der Sammlung von Ilse Brendel einst dokumentierte. Bewegend war der Besuch dennoch gewesen, und er ist zum Teil der Erinnerungen an Varzin im Schlawer Land geworden.

Bismarck und Pommern: Das ist eine Geschichte für sich. Neben Bismarck-Türmen, die seinerzeit in Greifswald, Heringsdorf, Stettin, Pollnow oder Schivelbein errichtet wurden, gibt es neben Varzin weitere Orte, wie Kniephof, wo er Jahre seiner Kindheit verbrachte, oder Putbus („Putbuser Diktate“), die sich direkt mit dem Leben von Bismarck verbunden haben.


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