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Feminismus-Debatte

Verbaler Frauen-Ringkampf

Die Deutsch-Argentinierin, die sich 1975 mit Alice Schwarzer angelegt hat – Die Feminismus-Kritikerin Esther Vilar wird 90 Jahre alt

Daniel Körtel
16.09.2025

Es war einer der Höhepunkte gesellschaftspolitischer Fernsehdebatten der 1970er Jahre: das im Februar 1975 vom WDR ausgestrahlte Streitgespräch „Alice contra Esther“. Auf der einen Seite stand die Journalistin Alice Schwarzer, die gerade zur Ikone der deutschen Frauenbewegung aufstieg. Ihr gegenüber saß die Schriftstellerin und Ärztin Esther Vilar. Es war ein Kammerspiel, zu dem der treffenden Titel „Die Schöne und das Biest“ hätte passen können.

Vier Jahre zuvor hatte Vilar weltweit für Furore gesorgt mit ihrer Streitschrift „Der dressierte Mann“. Die in drastischer Sprache verpackte Abrechnung mit dem Feminismus besagte, dass es nicht der Mann sei, der die Frau unterdrücke. Vielmehr seien es Frauen eines „geschickt getarnten Matriarchats“, die den stärkeren Sexualtrieb des Mannes ausnutzten, um ihn auszubeuten: „Der Mann sucht immer jemand oder etwas, dem er sich versklaven kann, denn nur als Sklave fühlt er sich geborgen – und seine Wahl fällt dabei meist auf die Frau.“

Die Frauen hingegen könnten wählen zwischen der Lebensform eines Mannes und der eines „dummen, parasitären Luxusgeschöpfes“; eine Wahl, die der Mann nicht habe, vor allem wenn er im „Gefängnis“ aus Familie und Beruf eingesperrt sei. Weitere Zuspitzungen dieser Art zogen sich durch die Seiten, wie die, dass „der weibliche Intellekt und das weibliche Gefühlsleben auf einem primitiven Niveau stehen geblieben“ seien.

Das Buch wäre kaum eine Provokation gewesen, wäre der Verfasser ein Mann, den man bequem in die Chauvinisten-Ecke geschoben hätte. Doch aus der Feder einer gebildeten jungen Frau entfaltete es zwangsläufig eine explosive Kraft. In den Augen der Feministinnen wurde Vilar zur „Verräterin am eigenen Geschlecht“.

In dem TV-Duell schenkten sich beide Frauen nach anfänglichem, freundlichem Smalltalk nichts. Schwarzer, der man die innerliche Anspannung anmerkte, biss sich in ihre ruhig wirkende Gegnerin regelrecht fest, ohne einen entscheidenden Treffer zu landen. Vilars Spitze gegen Schwarzers Idol Simone de Beauvoir – „die größte Imitatorin, die es jemals gegeben hat“ – fachte ihre Angriffslust erkennbar an. Ob spontan aus Hilflosigkeit oder als taktisch gezielt inszenierter Schlag, holte Schwarzer gegen Ende der rund 40 Minuten ausgerechnet gegen die Tochter deutsch-jüdischer Emigranten mit der Faschismus-Keule aus: „Sie sind nicht nur Sexistin, Sie sind auch Faschistin!“ Vilar konterte elegant, dass die Faschisten auf die gleiche Weise „extreme Formulierungen verwendeten, um dem anderen ein Etikett anzuhängen“. Damals wurde dieses hochtoxische Instrument erstmalig in der deutschen Debattenkultur prominent eingesetzt, und obwohl es in diesem Fall keine Wirkung erzielte, machte dieses Beispiel schnell Schule.

Für Vilar blieb es nicht allein bei rhetorischen Angriffen. Vier junge Frauen verprügelten sie. In der Münchener U-Bahn verpasste ihr ein Unbekannter eine Ohrfeige, der seiner Ehefrau damit einen Gefallen tun wollte. Doch am meisten setzten ihr die Nachstellungen der Boulevardmedien zu. 1978 verließ sie „nach vielen Monaten sadistischen Psychoterrors“ Deutschland in Richtung Schweiz.

Das Fernsehduell – mit boshaftem Hintersinn zur Weiberfastnacht ausgestrahlt – ging ohne einen klaren Sieger aus. Und doch entwickelten sich von da beider Karrieren in unterschiedliche Richtungen. Schwarzers Weg führte weiter nach oben, und bald beeinflusste sie von dort als „Berufsfeministin“ die Richtung des Mainstreams mit.

Sie kann sich heute bestätigt fühlen
Vilar hingegen geriet über die Jahre in Vergessenheit. Zwar folgten noch weitere Essays, Romane und Theaterstücke, doch die öffentliche Aufmerksamkeit blieb weitgehend aus. Ihren letzten bedeutenden Fernsehauftritt hatte sie 2011 bei „Maischberger“ anlässlich des Papst-Besuches in Deutschland, wo sie als Religionskritikerin, bekanntermaßen mit Sitz im Stiftungsrat der atheistischen Giordano-Bruno-Stiftung, eingeladen war.

Inzwischen kann sich Vilar in ihrer Feminismus-Kritik, in der sie ausschließlich soziologisch argumentierte, bereits in wesentlichen Aspekten von der naturwissenschaftlichen Forschung der jüngsten Zeit zunehmend bestätigt sehen. Die auf der Basis der Evolutionsbiologie gewonnenen Erkenntnisse des renommierten US-Psychologen Roy F. Baumeister über die systematische Ausbeutung der Männer und den Mangel der Frauen an beruflichem Ehrgeiz („Wozu sind Männer eigentlich überhaupt noch gut?“, 2012) sind nur ein Beispiel.

Jedoch beherrscht der abstrakt ideologisch determinierte Feminismus, völlig unbeeindruckt von jenen neuen Erkenntnissen in den Humanwissenschaften, nach wie vor den öffentlichen Diskurs. Vilar ist somit weitgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verbannt. Das weltweite Meinungsmonopol der Frauenbewegung hat sich erfolgreich gegen sie behauptet. Dennoch zeigte sich Vilar Jahre nach dem Erfolg ihres „in großer Wut geschriebenen Pamphlets“ froh, dass sie den Text zu den „Dressierten Mann“ trotz aller Widerstände verfasst habe.

1935 in Argentinien als Tochter deutscher Auswanderer geboren, kam Vilar 1960 als DAAD-Stipendiatin zum Studium nach Deutschland, wo sie in zweiter Ehe den Schriftsteller Klaus Wagn heirate. Am 16. September wird die Publizistin 90 Jahre alt.


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Kommentare

Gregor Scharf am 17.09.25, 13:58 Uhr

Diese Strömung des Feminismus ist bezeichnend und entlarvend zugleich. Ihre am lautesten kreischenden Vertreterinnen sind die Ungeküssten, mit denen kaum ein Mann jemals flirten würde. Der Neid über die Glücklichen kommt in der Bewegung zum Ausdruck und gipfelt in dem Verbot des Flirtens als sexuelle Belästigung. Was für eine Entgleisung. Der Siegeszug des Hasses auf alles Schöne.

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