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Repräsentative Einrichtung: Raum mit dem Bildteppich eines Fuchses und Greifvogels aus dem flämischen Oudenaarde (um 1713)
Foto: MVEE/A. FrankeRepräsentative Einrichtung: Raum mit dem Bildteppich eines Fuchses und Greifvogels aus dem flämischen Oudenaarde (um 1713)

Adelskultur

Verrußte Stücke der Erinnerung

Schloss Doberlug präsentiert einen Teil der Sammlung der ostpreußischen Adelsfamilie Dohna-Schlobitten

Harald Tews
12.07.2023

Die goldenen Eheringe liegen auf einem Samtkissen bereit, als würden sie auf die Trauung warten. Dabei sind sie schon vor rund 200 Jahren getragen worden. Es handelt sich um Trauringe des Burggrafen Wilhelm zu Dohna-Schlobitten (1773–1845) und der Gräfin Amalie Louise von Schlieben-Birkenfeld (1777–1845), die zu den eher unscheinbaren Stücken der Ausstellung „Vom Feinsten. Preußische Adelsschätze in sächsischen Mauern“ zählen, die im Schloss Doberlug in Südbrandenburg zu sehen sind. 

Die Ringe könnten sinnbildlich stehen für die glückliche Vereinigung des ostpreußischen Schlosses Schlobitten mit dem sächsischen Renaissanceschloss Doberlug, das seit dem Wiener Kongress zu Preußen gehört und auf brandenburgischem Boden steht. Als neue ständige Ausstellung präsentiert es einen Teil der Sammlung der ursprünglich in Sachsen beheimateten Adelsfamilie Dohna-Schlobitten, die dann ab 1525 auf dem Gut Schlobitten zu den bedeutendsten und einflussreichsten Burggrafen- und Fürstenhäusern Ostpreußens emporwuchs. 

Gleich zu Beginn wird dem Besucher das Gemälde von Alexander zu Dohna-Schlobitten vorgestellt. Der Fürst, der in der Uniform der preußischen Stände porträtiert ist, war der letzte Schlossherr in Schlobitten. Ihm ist es zu verdanken, dass der in Ostpreußen einzigartige kunsthistorische Schatz seines Hauses überhaupt erhalten blieb – jedenfalls wenigstens zum Teil. Als sich die Niederlage des Deutschen Reiches abzeichnete, sorgte der Fürst dafür, dass die Sammlung sowie das Personal und die Familien des Dorfes Richtung Westen in Sicherheit gebracht wurden. Eine weise Voraussicht, denn die Rote Armee setzte das Schloss kurz nach der Einnahme vollständig in Brand. 

Ein Großteil ging verloren 

Ein Familienfideikommiss garantierte, dass die über Jahrhunderte auf Zehntausende Einzelstücke angewachsene Sammlung unteilbar blieb und somit als Ganzes bestehen blieb. Sie gilt daher als die einzige erhaltene ostpreußische Adelssammlung überhaupt. Allerdings ging auf den 1500 Kilometern unterwegs ein Großteil der auf 38 Wagen nach Westen transportierten Objekte verloren, und von dem, was auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone verblieb, landete vieles als Reparationsleistung in der UdSSR. 

Doch etwa 2000 Objekte des 16. bis 19. Jahrhunderts blieben erhalten und befanden sich im Schloss Charlottenburg in Berlin in der Sammlung „Dohna-Schlobitten“. Als Leihgabe der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) sind davon nun rund 400 herausragende Objekte in Doberlug ausgestellt. 

Die Ausstellung teilt sich auf in zehn Kapitel, respektive Räume, welche das Adelsleben und die damit verbundene Vielfalt an Adelskultur dokumentieren. Bevor von Heiratspolitik, adeliger Erziehung oder standesgemäßer Lebensweise mit Müßiggang und Jagden die Rede ist, gibt es eine Übersicht der geretteten Teile wie eine Delfter Fayence mit knospenähnlichen Wülsten zum Einstecken von Tulpen, hölzernen Schachfiguren aus Heiligenbeil, Goldschmiedearbeiten, Schmuckstücken oder auch Porzellanscherben. Besonders berührend ist ein verrußter Unterteller der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (um 1800) mit geschmolzener Glasur, der 1945 mit dem Schloss verbrannte, später geborgen und von der Familie Dohna-Schlobitten als Erinnerung bewahrt wurde. 

Eindrucksvoll muss auch die Waffenkammer von Schlobitten gewesen sein. Davon zeugt ein gut zwei Meter langes gewelltes Schwert, auch Flamberg oder Bidenhänder genannt, das nur von starken Rittern mit zwei Händen geschwungen werden konnte. Die imposante Waffe ist eines der wenigen Überbleibsel der Rüstkammer mit ihren Ritterrüstungen und anderen martialischen Gegenständen. 

Geradezu wie neu aus dem Möbelmarkt wirkt ein restaurierter Kabinettschrank, der um 1640 in Augsburg hergestellt wurde und der aus Holz, Knochen, Elfenbein, Bronze, Eisen inklusive mehrerer Geheimfächer besteht. Er repräsentiert das Stilempfinden der Adelsfamilie. Die Kapitel „Blaues Blut“ und „Gut erzogen“ präsentieren mit einigen der 72 geretteten Gemälde, wie sehr die Dohnas mit adeligen Familien aus ganz Europa verbandelt waren. Die Porträts der Kurfürstin Luise Henriette von Brandenburg und des Prinzen Wilhelm II. von Oranien weisen etwa auf die enge Verwandtschaft zu den Hohenzollern und zum niederländischen Königshaus hin. 

Als Zeugnis für Bildung und Erziehung stehen zwei dicke Buchbände: Ein „Lautenbuch“ von 1592 und Sebastian Münsters „Cosmographia oder Beschreibung der gantzen Welt“ von 1678. Sie sind die letzten Relikte der etwa 55.000 Bände umfassenden Bibliothek in Schlobitten, von denen 1945 fast alle verbrannt sind. 

Ein fürstliches Mahl 

Der Höhepunkt der Ausstellung folgt im Kapitel „Standesgemäß“, in dem der Besucher mit einer gedeckten Speisetafel überrascht wird, so als sei er zu einem fürstlichen Mahl eingeladen. Dass dieses um 1780 in der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin hergestellte Speise- und Dessertservice schadlos die weite Reise überstanden hat, ist ohnehin ein logistisches Wunder. Der Adel, soll uns dieser Teil der Ausstellung lehren, genoss das Leben in vollen Zügen. Dazu gehören Freizeitbeschäftigungen wie das Jagen, das anhand von Hirschfängern und Jagdstillleben abgebildet wird. 

Überraschend tauchen auch Buddha-Figuren, chinesische Specksteinfiguren und ein Mah-Jongg-Spiel auf. Sie bezeugen die China-Mode des 18. Jahrhundert, die sich sogar auf einem ostpreußischen Adelssitz ausgebreitet hatte. Am Ende kommt noch die Politik mit ins Spiel. Ein Porträt Friedrich Wilhelms I. zeigt die Verbundenheit der Familie mit dem Preußentum und ein NSDAP-Mitgliedsbuch Hermann Burggraf zu Dohna-Finkensteins die Identifikation von Teilen der Familie mit dem Hitler-Regime. 

Was fehlt, ist wertvoller Juwelenschmuck. Eine Fundgrube für kriminelle Familienclans bietet diese Ausstellung nicht. Allein dafür, dass jedes Einzelstück eine eigene Geschichte erzählt, lohnt sich der Abstecher in diese brandenburgische Provinz der Elbe-Elster-Region. Hier wird auch zu einem verantwortungsvollen Umgang mit unserer Geschichte gemahnt. Zu erfahren, dass die Dohnas einzelne Erinnerungsstücke, wir aber eine ganze lebendige ostpreußische Adelskultur verloren haben, macht wehmütig. 

• Museum Schloss Doberlug im Museumsverbund Elbe-Elster, Schlossplatz 1, 03253 Doberlug-Kirchhain, geöffnet täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, ab Oktober bis 17 Uhr, Eintritt: 8 Euro, Telefon (035322) 6888520
www.museumsverbund-lkee.de

 


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