26.04.2024

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Volkstrauertag

Verzerrtes Gedenken

Ein Kommentar zur Rede des Bundespräsidenten anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Ersten und Zweiten Weltkriegs

Klaus Weigelt
17.11.2021

Der Bundespräsident hatte eigens den Wunsch geäußert, die Rede zum diesjährigen Volkstrauertag im Deutschen Bundestag persönlich zu halten. Dass er dabei an den Angriff der Wehrmacht vor 80 Jahren auf die Sowjetunion hinweisen würde, war vorauszusehen. Dass er darüber hinaus seine ganze Rede weitgehend der Aufzählung aller Verbrechen der Deutschen im östlichen Europa, „durch Polen, das Baltikum und Belarus, durch die Ukraine nach Russland und tief in den Kaukasus“ hindurch sowie in Mittel-, Süd- und Westeuropa widmen würde, war eher nicht zu erwarten.

Nicht zu erwarten war auch, dass ein Bundespräsident, der zahlreiche Orte deutscher Schandtaten in Erinnerung ruft, mit keinem Wort die deutschen Opfer der beiden Weltkriege erwähnt – obwohl der Volkstrauertag vor Jahrzehnten eigens für sie geschaffen wurde. Die toten deutschen Soldaten auf den Schlachtfeldern von Flandern und Stalingrad kamen bei Steinmeier ebenso wenig vor wie die verbrannten Frauen und Kinder in den Luftschutzbunkern der Großstädte, die von den Alliierten systematisch dem Erdboden gleichgemacht wurden, ebenso wenig die Opfer von Flucht und Vertreibung im Osten sowie auch von Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft. Obwohl fast alle Soldaten zwangsweise zum Kriegsdienst verpflichtet worden waren und die ums Leben gekommenen Zivilisten vollständig frei von persönlicher Schuld waren, hielt es der Bundespräsident nicht für nötig, auch an sie zu erinnern.

Stattdessen änderte Frank-Walter Steinmeier auch noch den Text des Totengedenkens, das der Bundespräsident traditionell am Volkstrauertag bei der zentralen Gedenkstunde spricht, und in das er nun ausdrücklich auch Geschehnisse der jüngeren Geschichte und Gegenwart einbezieht: „Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Ex-tremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land.“

Ein Volk als Verbrechensgemeinschaft

Vor den Ohren der Zuhörer wurde das deutsche Volk somit von seinem Staatsoberhaupt als eine Verbrechensgemeinschaft dargestellt, deren Wurzeln bis heute weiterwirken und aus der vom Redner nur die „tapferen Soldatinnen und Soldaten“ der Bundeswehr ausgenommen wurden. Der überholte Begriff der Kollektivschuld der Deutschen wurde, wenn auch nicht expressis verbis, so doch in seinen Konturen greifbar; eine Sicht, die Präsidenten wie Roman Herzog und Joachim Gauck längst weit hinter sich gelassen hatten. In dieser Haltung einig mit den europäischen Nachbarn der Deutschen, die, wie die Ungarn, seit Jahren am 19. Januar einen Gedenktag für die Vertreibung der Deutschen begehen, oder wie die Tschechen an den Todesmarsch von Brünn erinnern, nicht zu reden von der versöhnenden Begegnung des Bundeskanzlers Helmut Kohl mit Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki bereits 1989 in Polen.

Nichts von all dem in der Rede des derzeitigen Bundespräsidenten. Auch Joachim Gauck hatte in seinen Ansprachen an Babi Yar in der Ukraine erinnert, doch im Ton und in der Diktion anders als jetzt Frank-Walter Steinmeier an Maly Trostenez in Weißrussland. In der Rede des Bundespräsidenten des Jahres 2021 wandelte sich der Sinn des Volkstrauertages in einen Trauertag über die unermesslichen Verbrechen des deutschen Volkes, die bis heute nach Ansicht des Präsidenten ihre Fortsetzung finden in Antisemitismus und Rassismus, die in der deutschen Gesellschaft grassieren. Wem soll eine solche verzerrte Sicht dienlich sein?

Dem Anliegen Steinmeiers jedenfalls nicht. Gegen Ende seiner Rede beklagt der Präsident „die Sprachlosigkeit vieler Teile der Gesellschaft gegenüber unserer Armee“. Doch ist diese Sprachlosigkeit wirklich ein Wunder, wenn selbst das Staatsoberhaupt denjenigen Gedenktag, der einmal zur Erinnerung an die eigenen Opfer von Krieg und Gewalt geschaffen worden war, nun zu einem Tag der ausschließlichen Auflistung deutscher Verbrechen umwidmet?

Bleibt die Frage: Warum nur will Steinmeier von einem solchen Volk, das er offenbar nur als Verbrechensgemeinschaft kennt, unbedingt Staatsoberhaupt sein?


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Kommentare

Mats Osrig am 24.11.21, 20:01 Uhr

@Markus Glasner: So, Ihrer Meinung nach gab es also in der Deutschen Wehrmacht "jede Menge Täter", haben unsere Soldaten "aus reiner Mordlust" Zivilisten umgebracht?
Sie implizieren mit Ihrer Darstellung, dass unsere Soldaten damals in großer Zahl aus niederen Beweggründen gehandelt haben und zeichnen somit kräftig ein Bild der Wehrmacht als eine Verbrecherbande.

DAS nenne ich beschämend und jämmerlich!
Ich verwahre mich auf das Schärfste gegen eine solche einseitige und verzerrende Darstellung unserer damaligen deutschen Armee! Ihre Aussagen sind für mich üble Polemik, die geschichtlichen Tatsachen in keiner Weise stand hält. Denn - und ich zweifele nicht daran, dass Ihnen das auch bekannt ist - in der Wehrmacht haben in weit überwiegender Mehrzahl Wehrpflichtige ihren Waffendienst verrichtet, mit dem sie helfen wollten, unser Land und ihre Lieben zu Hause zu schützen. Ein Waffendienst, der an der Front stattfand, und nur die wenigsten hatten mit den Mordaktionen im Hinterland zu tun, für das Einsatzgruppen der SS verantwortlich waren.

Sie, die aus Pflichtgefühl und Kameradschaft, aus Heimatliebe und vielleicht auch ein wenig aus Abenteuerlust ihr Leben für unser Volk einsetzten, verdienen keine Polemik und Lügen, sondern Zuspruch und Anerkennung. Und all jene, die aus dem Krieg nicht zurückkehrten, unsere aufrechte Trauer und unser Gedenken.
Das ist für mich gute konservative Haltung!
Ihr Vorwurf, "nichts aus der Geschichte gelernt zu haben", wenn man die Wehrmachtsoldaten nicht als Kriminelle betrachtet und ihrer gedenken möchte, geht fehl!

Übrigens offenbaren Sie selbst eine deutliche Geschichtsunkundigkeit, wenn Sie Männer des Widerstandes als besonders gedenkenswert erachten! Ich darf daran erinnern, das es den führenden Köpfen des 20. Juli ganz und gar nicht um eine demokratische Umwandlung Deutschlands ging, sondern - wenn überhaupt - um eine Restauration vorrevolutionärer, monarchischer Zustände!
Zustände, die sicherlich weder Sie noch ich zurückwünschen!

Jan Kerzel am 24.11.21, 17:25 Uhr

@ Hr. Glaser. Ihre Einlassungen und Unterstellungen will ich hier nicht weiter kommentieren, die sind allgemeiner Standard. Die Verklärung des 20. Juli 44 ist gänzlich unangemessen, kurz: zu spät, halbherzig und dilettantisch. Die bestialischen Massenverbrechen der Nationalsozialisten waren zum Zeitpunkt Juli 44 weitgehend durch. Der Warschauer Ghettoaufstand , ein echter heroischer Widerstand, viel zu wenig gewürdigt, seit über einem Jahr erledigt, die Kämpfer und Kämpferinnen umgebracht, ohne irgendeine nennenswerte Unterstützung von außen, speziell von deutscher militärischer Widerstandsseite. Das war scheinbar für die Akteure weit weg. Ab 1933 gab es übrigens zahlreiche deutsche und europäische Widerstandsgruppen, auch tapfere Einzelpersonen. ( Rote Kapelle, Elsner, Scholl u.v.m.) . 1944, 5 Minuten vor dem sicheren Exitus des Nazi-Regimes, gab es einen Versuch seitens einiger Oberoffiziere, Großgrundbesitzer und Landadliger. Die Aktion wurde von ihnen selbst patriotisch geframt und später für das sogenannte andere Deutschland verklärt. Ihr Grauen und ihre Motivation mag durchaus aus den ihnen längst bekannten Verbrechen gespeist worden sein, der durchschlagende Anlass aber war das unaufhaltsame Heranrollen der sowjetisch-russischen Dampfwalze, der Roten Armee. Das Wissen um die Niederlage und der sichere Verlust aller Besitzungen und Privilegien ließen sie letztlich zu Putschisten werden. Für das deutsche Volk? Für das deutsche Volk wäre 11 Jahre lang Zeit gewesen. Aber da war man ambivalent und opportunistisch gewesen. Wär das Ding siegreich durch, wäre man trotz seiner Bedenken recht gut dagestanden. Man war ja unter inneren Vorbehalt dabei. Und wo gehobelt wird, da fallen halt auch Späne. Der 20. Juli 44 ist eine schöne Erzählung, die in der Realität null Bedeutung hatte. Mit dem Einmarsch in Prag 1939 war jedem der hohen Herren klar, sie dienen einem Verbrecherregime.

Markus Glaser am 22.11.21, 15:56 Uhr

Ich persönlich (Großvater stammt aus Ostpreußen) kann hier nicht ganz zustimmen. Warum sollte man einen Gefreiten Gedenken der hätte danebenschießen können um auf diese Weise eine junge Mutter zu verschonen. Der aber aus reiner Mordlust sich dem Töten hingegeben hat. Innerhalb der Deutschen Armee gab es jede Menge Täter.
Im zweiten Weltkrieg war auf den Schlachtfeldern von allen Seiten problematisches Verhalten zu Beobachten. Nur in der Summe waren wir deutschen die schlimmsten.

Wenn wir Gedenken an die Deutschen Soldaten, dann gibt es eine Reihe von Soldaten auf denen wir wirklich Stolz sein können : (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Kurt Hahn (* 22. Juli 1901 in Januschkau (Landkreis Osterode in Ostpreußen); † 4. September 1944 in Berlin-Plötzensee)
Gerhard Knaak (* 19. Juni 1906 in Königsberg; † 4. September 1944 in Berlin-Plötzensee)
Wilhelm Kuebart (* 4. März 1913 in Trakehnen; † 24. September 1993 in Marquartstein[1])
Joachim Meichßner (* 4. April 1906 in Deutsch-Eylau; † 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee)
Joachim Sadrozinski (* 20. September 1907 in Tilsit; † 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee)
Hellmuth Stieff (* 6. Juni 1901 in Deutsch Eylau; † 8. August 1944 in Berlin-Plötzensee)
Wessel Freiherr Freytag von Loringhoven (* 10. Novemberjul. / 22. November 1899greg.[1] in Groß Born, Kurland, Lettland; † 26. Juli 1944 in OKH Mauerwald, Ostpreußen, Deutsches Reich)
Hans Karl Fritzsche (* 3. Januar 1914 in Graudenz, Westpreußen; † 8. Juni 1999 in Bonn)
Hans Otto Erdmann (* 18. Dezember 1896 in Insterburg; † 4. September 1944 in Berlin-Plötzensee)
Heinrich Karl Waldemar Graf zu Dohna-Schlobitten, bisweilen auch Graf zu Dohna-Tolksdorf (* 15. Oktober 1882 in Waldburg[1] bei Königsberg; † 14. September 1944 in Berlin-Plötzensee)

Sie hatten die Eier in der Hose ihr Leben für das deutsche Volk einzusetzen. Auf diese mit Ostpreußen verbundenen Personen bin ich als Nachkomme eines Ostpreußen stolz.

Was hier als Kommentar abgegeben wurde beschämt mich. Wer so wenig aus der Geschichte gelernt hat und dann diesen Vorwurf jenen macht die ihre Wort weise abwägen, macht mich traurig.

Gerade wir Kinder, Enkel und Urenkel von in Ostpreußen geborenen Personen sollten wissen was rechtes Gedankengut für Leid über die Familien bringt.
Rechtes Gedankengut ist keine konservative Haltung.

Jan Kerzel am 21.11.21, 17:10 Uhr

Warum will Steinmeier Staatsoberhaupt dieses V0lkes sein? Eine interessante Frage. Natürlich ist der Impetus des sozialen Aufstiegs ein wichtiger Faktor. Auch die ganz persönliche Wichtigkeit ist gegeben und wird auch entsprechend honoriert. Ich denke in seinem Verständnis steht er einem repräsentativ-demokratischen Staatssystem und einer multiethnischen Bevölkerung vor, wobei der deutsche Teil dieser Bevölkerung besonders belehrt und vorgeführt werden muss. Mit Reue und Einsicht lässt sich da aber einiges machen, denn viele sind da ja schon erfolgreich durch. Manche Deutsche mögen die Art und Weise der Repräsentation als etwas eigenartig 0der gar seltsam empfinden, aber es wird grundsätzlich keine Kritik geäußert, medial herrscht Ruhe und bestes Einvernehmen.. Scheinbar wird der ideologische Zeitgeist der BRD gut widergespiegelt, das muss man auch anerkennen. Frau Dr. Merkel hat Herrn Dr. Steinmeier in diese Position gebracht, ohne Not. Er steht also zudem auf einer breiten politischen Plattform. Seine einmütige Wiederwahl erscheint relativ sicher. Unter Umständen für viele Bürgerinnen und Bürger nicht so angenehm, aber es gibt Schlimmeres.

edmund kossack am 19.11.21, 09:53 Uhr

Herr Bundespräsident,

Geschichte 6, setzen!

Mats Osrig am 17.11.21, 19:23 Uhr

Und mir stellt sich die Frage, wie ich mich mit so einem Staat und so einem System noch identifizieren soll?

sitra achra am 17.11.21, 14:42 Uhr

Dieser ungewählte Präsident ist ein eitler, unbedeutender Quatschkopf, ein bösartiger, geschichtsklitternder Patron.
Man kann nur hoffen, dass Ihre Peinlichkeit kein weitere Periode dilettiert.

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