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Finanzmärkte

Warum Gold wieder glänzt

Das Edelmetall hat – anders als andere Sachwerte – die Zinswende erstaunlich gut verkraftet. Dennoch bleiben Risiken, die es zu beachten gilt

Hans Heckel
11.04.2023

Eines schien klar: Sobald die Zinsen wieder nach einer historische völlig einmaligen Niedrig-, real sogar Negativzinsphase steigen, dann brechen die Preise für Aktien, Immobilien und Gold ein. Denn es waren diese Niedrigzinsen, die Kredite einmalig günstig machten, weshalb etwa Immobilien günstig zu finanzieren waren, was die Preise nach oben trieb. Zinsanlagen wie gewöhnliche Bankkonten verloren durch den Nullzins jedwede Attraktivität, weshalb Anleger sich in Aktien und auch Gold stürzten.

Sobald die Zinsen wieder steigen, würde sich dieser Trend umdrehen. Viele Aktien gaben auch stark nach, der Immobilienmarkt steckt in der Krise. Die Überraschung ist, dass sich der Goldpreis dem Abwärtstrend robust entgegenstemmt. In Euro gemessen erreichte das Metall am 17. März, mitten in der jüngsten Zinserhöhungskampagne der EZB und der US-Notenbank Fed, mit 1864 Euro pro Unze (31,1 Gramm) beinahe sein Allzeithoch vom 8. März des Vorjahres wieder.

Was steckt dahinter? Zunächst hat die jüngste Bankenkrise das Vertrauen in die Stabilität des Finanzsektors und damit auch der gesamten Weltwirtschaft erneut erschüttert. Schon mehren sich die Warnungen, dass der Kollaps von Credit Suisse und Silicon Valley Bank nur ein Vorbeben gewesen sein könnte und das Schlimmste noch bevorstehe. Das und eine Reihe weltweiter Krisen und Spannungen (Ukrainekrieg, Taiwan-Krise, die Rivalität USA-China) verunsichern die Märkte. Solche Verwerfungen machen Gold als Krisenwährung attraktiver.

Renaissance als Reservewährung

Das ist aber nicht alles. In immer stärkerem Maße drängen Akteure als Käufer in den Markt, die über lange Zeit eher auf der Verkäuferseite standen: Die Notenbanken haben im vergangenen Jahr so viel Gold gekauft wie seit 1950 nicht mehr. Kritiker der Notenbanken mögen da lästern, dass die Institute offenbar ihrem eigenen Produkt, dem „Papiergeld“ nämlich, nicht mehr über den Weg trauen. Daher schichteten sie ihre eigenen Reserven vorsichtshalber in Gold um, derweil sie den Menschen auf der Straße predigten, dass deren Anlagen in Euro, Dollar etc. sicher seien.

Ein Grund für die neue Liebe der Notenbanken zum Gold hat indes geopolitische Wurzeln. Als Sanktion wegen des Ukrainekrieges wurde Russland maßgeblich auf Betreiben der USA aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Damit hat Washington sichtbar gemacht, dass es entschlossen ist, die Systeme des internationalen Zahlungsverkehrs als Instrument seiner eigenen Weltpolitik in Dienst zu nehmen.

Die Macht, die ihnen die Möglichkeit eröffnet, schöpfen die USA aus der globalen Dominanz ihrer Währung. Der US-Dollar ist die vorherrschende Leit- und Reservewährung der Welt: Währungsgrenzen überschreitende Geldtransfers werden vornehmlich in der US-Valuta abgewickelt, und Notenbanken halten einen Großteil ihrer Devisenreserven ebenfalls in US-Dollar. Schon vor dem Ukrainekrieg und den Russlandsanktionen bemühten sich etliche Regierungen und Notenbanken, diese Dominanz abzubauen. Der Rauswurf Russlands aus Swift hat diese Neigung offenbar noch verstärkt, denn auch andere Regierungen fürchten, ebenfalls irgendwann auf einer US-Sanktionsliste zu landen, allen voran China.

Vorgänger des Dollar als Weltleitwährung war vordergründig das britische Pfund. In Wahrheit aber war es Gold selbst, denn das damalige Pfund war eine Goldwährung, deren Wert fest an den des Edelmetalls gebunden war. So kehrt die Welt möglicherweise einfach zum Status vor der Zeit der Dollar-Dominanz zurück. Sollte der Ausschluss Russlands aus Swift hier wirklich als entscheidender Treiber gewirkt haben, so könnte sich diese Sanktion einmal als Eigentor Washingtons erweisen. Denn unbestreitbar basiert die Stellung der USA als „einzige Weltmacht“ auch auf der überragenden Stellung des Dollar im Weltfinanzsystem.

Ungetrübt nach oben? Nicht ganz!

Soweit betrachtet müsste es beim Goldpreis nunmehr ungetrübt nach oben gehen – von kurzfristigen Schwankungen einmal abgesehen. Dem ist dann aber doch nicht ganz so. Experten warnen vor Risiken, die aus Marktmechanismen herrühren, die mit Gold an sich wenig zu tun haben, den Kurs des Metalls aber massiv beeinflussen können.

Schon in der jüngsten Vergangenheit – wie etwa beim Corona-Börsenschock vom März 2020 – war zu beobachten, dass der Goldpreis parallel zu Anlageklassen wie Aktien zu Tal rauschte, statt, wie es derzeit scheint, eine Gegenbewegung auszubilden. Denn Gold führt kein isoliertes Eigenleben, sondern ist Teil des Weltfinanzsystems und wird daher sowohl positiv wie negativ von der Entwicklung der übrigen Vermögenswerte und der Währungen beeinflusst.

Bei einem plötzlichen Einbruch von Aktien oder Anleihen (Letzteres stand hinter dem vergangenen Bankenbeben, siehe PAZ vom 24. März, Seite 8) können Marktteilnehmer in akute Geldnot geraten. In dem Fall können sie gezwungen sein, alles zu Geld zu machen, was sich kurzfristig flüssigmachen lässt. Dazu zählen dann oft auch Gold oder auf Gold basierende Wertpapiere. In diesem Fall wird das Edelmetall mit in die Tiefe gerissen.

Langfristig sehen Experten jedoch eher einen steigenden als einen fallenden Goldkurs, empfehlen aber angesichts der beschriebenen Risiken wie bisher, sein Vermögen zu streuen, wobei Gold einen wichtigen, aber keinesfalls den einzigen Pfeiler ausmachen sollte.


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Kommentare

Klaus Brunswig am 17.04.23, 19:26 Uhr

Ja, Kursschwankungen wird es immer geben, aber nie eine wirklich Entwertung - und das gilt seit 5000 Jahren. Papiergeld kann da nie mithalten. Würdest Du 100 Jahre in die Zukunft reisen, was würdest Du mitnehmen: Aktien, Euros, Gold? Eben! Und wie würdest Du Dein Vermögen vererben wollen an die Enkel, wenn Du nicht alles selbst ausgeben kannst? Etwa auch als Gold? Na also. Genau das merken die Leute inzwischen. Aber so wie es derzeit in der Welt aussieht fürchte ich, wir werden unser Gold noch selbst brauchen.

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