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Verrottet trotz Milliardenschulden und Länderfinanzausgleich: Viele Berliner Schulen sind völlig marode
Bild: imago/Rolf ZöllnerVerrottet trotz Milliardenschulden und Länderfinanzausgleich: Viele Berliner Schulen sind völlig marode

Haushalt

Was jetzt alles „Infrastruktur“ sein soll

Berliner Senat will sogar Migrationskosten über die neuen Schuldenmöglichkeiten finanzieren

Hermann Müller
06.04.2025

Das noch vom alten Bundestag am 18. März beschlossene „Sondervermögen“ in Höhe von einer halben Billion Euro soll zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen. Im Mega-Schuldenpaket sind zudem 100 Milliarden Euro für den sogenannten Klimaschutz und 100 Milliarden für die Bundesländer und die Kommunen vorgesehen. Der Bundestag hat am 18. März nicht nur für den Bund die Schuldenbremse gelockert. Auch die Bundesländer dürfen künftig pro Jahr neue Schulden „in Höhe von 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts“ aufnehmen.

Laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ prüft Berlins schwarz-roter Senat nach dem Bundestagsbeschluss zum „Sondervermögen“ und der Lockerung der Schuldenbremse nun, welche Auswirkungen die Finanzspritze und die neue Verschuldungsmöglichkeit für den Berliner Haushalt haben. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie eng oder wie weit im Zusammenhang mit dem „Sondervermögen“ der Begriff „Infrastruktur“ aufzufassen ist.

Aufhorchen lassen Äußerungen von Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe, die in der Landesregierung für die Unterbringung von Asylsuchern zuständig ist. Mit Blick auf das „Sondervermögen“ sagte die Sozialdemokratin: „Es geht um Investitionen in die Zukunft. In Schulen, Straßen, bezahlbare Wohnungen, Digitalisierung. Aber ebenso wichtig, gerade für Berlin, ist die soziale Infrastruktur. Unsere Stadt lebt von Vielfalt, Kultur, Kreativität und von sozialem Zusammenhalt. Das hat auch enorme wirtschaftliche Bedeutung. Deshalb werde ich genau darauf achten, dass wir Zukunftsinvestitionen nicht verkürzt diskutieren.“ Kiziltepe erklärte zudem: „Wir brauchen soziale Infrastruktur.“ Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hat wiederum stark die Hochschulsanierung im Blick.

Das Spiel mit der „Notlage“
Bis geklärt ist, welche Investitionen sich über die Sonderschulden des Bundes finanzieren lassen, liegt ein Plan der Berliner Landesregierung zu einem Notlagenkredit zur Finanzierung von sogenannten Flüchtlingskosten offenbar erst einmal auf Eis. Schon seit Monaten hat sich der schwarz-rote Senat mit der Idee beschäftigt, einen Notlagenkredit aufzunehmen. Der Plan war bereits so weit gediehen, dass der Senat im Laufe des Aprils einen Gesetzentwurf im Landesparlament einbringen wollte.

Nachdem das Abgeordnetenhaus wegen des Ukrainekriegs eine Notlage erklärt hatte, wäre es trotz Schuldenbremse möglich gewesen, zumindest für die Kosten der Ukraineflüchtlinge neue Kredite aufzunehmen. Ein Gutachten, das die Finanzverwaltung in Auftrag gegeben hatte, war zu dem Ergebnis gekommen, dass Berlin jährlich bis zu einer Milliarde Euro an Krediten aufnehmen kann, wenn diese zweckgebunden für die Ukraineflüchtlinge verwendet werden. Die Juristen gaben daher Schwarz-Rot den Rat, die Begründung der Notlage im Parlament an den Ukrainekrieg zu koppeln. Außerdem empfahlen die Gutachter, der Gesetzgeber solle sehr detailliert darlegen, welche Ausgaben für welchen Zweck unumgänglich seien und nur über zusätzliche Kredite finanziert werden könnten.

Über Jahrzehnte auf Pump gelebt
Ob Schwarz-Rot diesen Weg zum Schuldenmachen über eine Notlageerklärung tatsächlich beschreiten wird beziehungsweise muss, ist mittlerweile wieder eine offene Frage. Kann beispielsweise auch die Erweiterung der großen Asylunterkünfte auf den ehemaligen Flughäfen Tegel und Tempelhof als Investition in die Infrastruktur der Stadt gezählt werden, dann eröffnet dies dem Senat neue Spielräume. Statt aus dem regulären Haushalt ließe sich dann für solche Vorhaben Geld aus dem sogenannten „Sondervermögen“ nehmen.


Fest steht in jedem Fall, dass Berlins Geldbedarf extrem hoch ist. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass allein für die Sanierung der Berliner Feuerwehrwachen 413 Millionen Euro benötigt werden. Bei der Schulsanierung fehlen 711 Millionen Euro. Gleichzeitig fallen für die Unterbringung von Asylsuchern fortlaufend immense Kosten an. Die Großunterkunft auf dem ehemaligen Flughafen Tegel hat nach Senatsangaben im Jahr 2023 mit fast 300 Millionen Euro zu Buche geschlagen.

Der immense Investitionsbedarf Berlins bei Schulen, Feuerwachen, Brücken und anderer Infrastruktur kann mit Blick auf das vom Bundestag beschlossene „Sondervermögen“ als Warnsignal gesehen werden: Berlin hat mit einem auf über 65 Milliarden Euro angewachsenen Schuldenberg über Jahrzehnte auf Pump gelebt und war nebenbei auch regelmäßig größter Empfänger im Landesfinanzausgleich. Trotzdem ist die Infrastruktur der Stadt lange Zeit auf Verschleiß gefahren worden.


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