08.04.2025

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Wissenschaft

Weder künstlich noch intelligent

Die US-amerikanische Expertin Kate Crawford liefert mit „Atlas der KI“ einen umfassenden Überblick über das Wesen und den Einsatz dieser Technologie

Wolfgang Kaufmann
08.04.2025

Die „Künstliche Intelligenz“ (KI) ist „weder künstlich noch intelligent“. So lautet die Kernthese des Buches „Atlas der KI. Die materielle Wahrheit hinter den neuen Datenimperien“ von Kate Crawford. Die Autorin zählt zu den international führenden KI-Experten und lehrte an der University of Southern California in Los Angeles, der University of New South Wales in Sydney sowie an der École normale supérieure in Paris.

Ihre Aussage begründet Crawford damit, dass die KI kein virtuelles Phänomen darstelle, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Vielmehr beruhe sie auf materiellen Faktoren, vor allem Bodenschätzen und Infrastrukturen aller Art. Darüber hinaus basiere die KI auch auf der intensiven Nutzung der menschlichen Intelligenz. Ohne ein vorheriges Training anhand unzähliger Produkte der Schöpferkraft unserer Spezies sei die KI „weder autonom noch rational oder auch nur in der Lage, irgendetwas wahrzunehmen“.

Außerdem schreibt Crawford, die zugleich als Forschungsleiterin bei Microsoft Research tätig ist, dass das ressourcenfressende Monstrum KI soziale Ungleichheiten vertiefe und demokratische Prinzipien bedrohe. Details hierzu liefert sie in sechs Hauptkapiteln, die ein Gesamtbild der KI bieten sollen. Dabei geht es zunächst um den enormen Bedarf der KI-Industrie an Rohstoffen und Energie, der auch zu einer gigantischen Umweltverschmutzung führt. Crawford schildert, wie man Künstliche Intelligenz aus menschlicher Arbeit gewinnt – Arbeit, die oft von digitalen Tagelöhnern in der Dritten Welt geleistet wird, „damit Datensysteme intelligenter wirken können, als sie tatsächlich sind“.

Im dritten Kapitel steht die Ausbeutung der Daten im Mittelpunkt. Das Konzept KI beruhe auf der Aneignung von öffentlich zugänglichen Daten, wobei grundlegende ethische und juristische Normen über weite Strecken außer Acht blieben. In den nächsten beiden Abschnitten befasst sich Crawford mit konkreten Anwendungsproblemen der KI. Diese erwachsen etwa aus dem Agieren in vorgegebenen Schablonen und der Unfähigkeit zur sicheren Emotionserkennung.

Abschließend folgen die Kapitel über den Einsatz von KI-Systemen als Werkzeuge der Staatsgewalt sowie des Überwachungskapitalismus. Laut Crawford wird die KI auf eine militärische Logik trainiert, welche die Machtasymmetrie zwischen dem Staat mit seinen Repressionsorganen sowie der Wirtschaft auf der einen und der Mehrheit der Bevölkerung auf der anderen Seite extrem verstärkt.

Kate Crawford: „Atlas der KI. Die materielle Wirklichkeit hinter den neuen Datenimperien“, C.H. Beck Verlag, München 2024. gebunden, 336 Seiten, 32 Euro


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