08.10.2024

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An den Ufern des Pregel: Auf dem Gelände der alten Ritterburg Tapiau können Gäste die Natur genießen
Foto: C.K.An den Ufern des Pregel: Auf dem Gelände der alten Ritterburg Tapiau können Gäste die Natur genießen

Langendorf/Tapiau

Wellness-Oase anstelle von Ruinen

Ein Moskauer Investor erschuf auf dem Gelände der Burg Tapiau ein Resort für Touristen

Carsten Kallweit
14.08.2024

Fährt man von Königsberg nach Osten, dann sieht man etwa zehn Kilometer westlich von Tapiau [Gwardejsk] rechts der Autobahn ein Ausfahrtschild zur malerischen Touristenanlage Langendorf. Die Anlage besteht aus einem Vier-Sterne-Hotel, Gästehäusern, einem Wellnessbereich mit Schwimmbädern, einer Sommerkonzertbühne mit Blick auf den Pregel und dem Hauptgebäude – der alten Ritterburg, die vom neuen Eigentümer nach und nach restauriert wird. Dies ist eines der Beispiele für die gelungene Restaurierung des alten deutschen historischen Erbes im nördlichen Ostpreußen. Der neue Eigentümer wohnt in Moskau, investiert aber Geld im ostpreußischen Hinterland. Vor mehr als zehn Jahren hat er damit begonnen, aus den Ruinen eines alten deutschen Anwesens eine attraktive Touristenanlage zu schaffen. 

Hotel seit der Fußball-WM 2018 

Zu Sowjetzeiten befand sich auf dem Grundstück des Anwesens eine Maschinen- und Traktorenstation der örtlichen Kolchose. Das Gelände war mit alten landwirtschaftlichen Geräten und Schrott übersät sowie mit Motoröl und Chemikalien verunreinigt. Zunächst wurden alle noch vorhandenen Gebäude saniert. Zur Fußballweltmeisterschaft 2018 entstand in den alten Stallungen ein Hotel, in dem auch Gäste der WM übernachteten. Zur Erinnerung daran befindet sich am Hoteleingang eine Plakette mit dem WM-Logo. 

Im zweiten Schritt begann der neue Eigentümer mit der Restaurierung der Ritterburgruine am Ufer des Pregels. Hier entstanden eine Yachtmarina, ein Wellnessbereich und eine Sommerkonzertbühne. Da er auch Amateurpilot ist, steht ein ausgemusterter Antonow-Doppeldecker auf dem Rasen der Anlage. Überhaupt verfügt diese über viele interessante Details, wie einen alten deutschen Löschteich oder einige Wandmalereien mit historischen Ansichten, auf denen man auch die ehemaligen Besitzer des Anwesens, die Familie der Freiherren von Perbandt, sehen kann. Der heutige Besitzer hat Kontakt zur Familie aufgebaut und die stellte ihm wiederum Informationen und alte Fotos zur Verfügung. 

Das Anwesen Langendorf gehörte mehrere Jahrhunderte lang dem alten prußischen Geschlecht Perbandt, das sich bereits vor der Ankunft des Deutschen Ordens im Samland niederließ und eine Sonderstellung im Deutschen Orden und in den späteren deutschen Staaten einnahm. Der sogenannte Schlossberg auf dem Gutsgelände ist ein Hügel am Hochufer des Pregels, der einen Teil des Gutsparks einnimmt und über ein System von Wällen und Gräben verfügt, das seiner Art nach in die Ordenszeit gehört und wahrscheinlich auf der Grundlage einer alten prußischen Festung errichtet war. 

Der Hügel und die Wallanlage bieten einen beeindruckenden Blick auf die Wiesen des Pregeltals, übersät mit kleinen Seen, im zeitigen Frühjahr und Herbst überschwemmt und im Winter mit Schnee oder Eis bedeckt. Prähistorische Gräber am Nordufer des Pregels zeugen von der heidnischen Bevölkerung dieser Gegend. 

Familie Perbandt half mit Fotos 

Der zentrale Teil des Anwesens bestand aus einem Hof, einem Park, einem Garten, Wohngebäuden, Gemüsegärten und Nebengebäuden der Landarbeiter sowie kleinen Seen und Kanälen, in denen zahlreiche Wassertiere lebten. Nicht nur das Landschaftsbild, sondern auch der wirtschaftliche Charakter des Gutes wurde durch den naheliegenden Fluss Pregel bestimmt. 

Das Gut verfügte über eine eigene Fähre, die der Verbindung zu den Weiden und Wiesen am Südufer des Pregels und dem nahegelegenen Bahnhof Groß-Lindenau diente. Der auf dem Anwesen befindliche Liegeplatz für Schiffe ermöglichte früher die Nutzung der Wasserstraße für den Fracht- und Passagierverkehr mit Königsberg und Tapiau. 

Ein wichtiger Bestandteil der Langendorfer Wirtschaft war die Fleisch- und Milchwirtschaft, die auf dem Gut mehrere Jahrzehnte lang intensiv betrieben wurde. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich auf dem Anwesen eine Molkerei. In der Neuzeit, bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, wurde dort neben Milchprodukten auch Milchpulver hergestellt. Später beschränkte sich die Produktion auf Käse und Butter. Die Pferdezucht diente hauptsächlich der Deckung des Eigenbedarfs an Arbeitspferden sowie dem Verkauf von Trakehner Reitpferden. Der Name Langendorf für das heutige Anwesen kam erst im 16. Jahrhundert in Gebrauch und ersetzte den zuvor gebräuchlichen, aber ebenfalls erst aus dem 15. Jahrhundert bekannten Namen „Groß Kremitten“.


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