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Die ungehinderte Vermehrung der Zugvögel sorgt für Kahlfraß und Verkotung auf den Feldern
In Norddeutschland überwintern jährlich mehrere Millionen arktische Wildgänse. In der Wattenmeer-Region, den Marschlandschaften, am Niederrhein und bis weit ins Inland hinein entstehen daraus immer wieder Konflikte.
Im Dezember 2022 hatte ein Weideviehhalter aus Weener in Ostfriesland das Land Niedersachsen erfolgreich wegen Fraßschäden durch Wildgänse auf seinen Wiesen verklagt. Tausende Gänse hatten seine Wiesen verkotet und großenteils kahlgefressen. Für seine 80 Milchkühe musste er Gras zukaufen. Ende letzten Jahres wurde das Urteil rechtskräftig. Dem Landwirt wurden 80.000 Euro zugesprochen. Er fordert eine gezielte Bestandsregulierung der Wildgänse, wie sie in den Niederlanden seit über zehn Jahren praktiziert wird, anstelle einer auf die Herbst- und Wintermonate beschränkten Jagdzeit.
Laut dem Anwalt des Klägers hat das Urteil bundesweit Bedeutung. Überall, wo EU-Recht nicht im Sinne der Bürger umgesetzt wird, also dort, wo der Vogelschutz Jagd und Vergrämung verhindert, entstehe ein sogenannter Aufopferungsanspruch, ein nach deutschem Staatshaftungsrecht anerkannter Ausgleichsanspruch. Davon könnten beispielsweise Betreiber von Golfklubs oder touristischen Anlagen, die durch Gänsekot verunreinigt werden, profitieren.
Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Ulf Thiele (CDU) will nun von der Landesregierung wissen, wie man zukünftig mit solchen Schadensfällen umgehen will. Denn: Ohne gezielte Bestandsregulierung werden die Wildgansbestände weiter zunehmen und es wird mehr Klagen auf Schadensersatz geben. Immer mehr Tiere bleiben ganzjährig in den Überwinterungsgebieten und brüten dort im Frühjahr. Bislang zahlt Niedersachsen, kofinanziert durch die EU, jährlich acht Millionen Euro an landwirtschaftliche Betriebe als Ausgleich für Fraßschäden durch Gänse auf Acker- und Grünlandflächen, die in EU-Vogelschutzgebieten liegen. Darüber hinaus stellt das Umweltministerium weitere Mittel für „Großschadensereignisse“ zur Verfügung.
Möglicherweise bewirkt das Ergebnis einer im Januar 2023 in der Fachzeitschrift „Journal of Applied Ecology“ veröffentlichten Langzeitstudie zu den Fraßschäden der in Niedersachsen überwinternden arktischen Gänse ein Umdenken. Die Studie soll als Grundlage für Ausgleichszahlungen dienen. Im Ergebnis zeigt sich, dass die im Küstenraum überwinternden und brütenden Gänse auf Grünland einen nachweisbaren Ertragsverlust von 50 Prozent im ersten Schnitt verursachen. Falsch verstandener Naturschutz könnte die Länder also teuer zu stehen kommen.
Seit den 60er Jahren wird in den Überwinterungsgebieten eine stetige Zunahme der Gänse beobachtet, die im Norden Europas brüten. So hat sich die Population der Blässgänse seit den 60er Jahren von rund 60.000 auf rund 1,2 Millionen erhöht. Der Bestand der Nonnengänse hat sich seit den 80er Jahren in der Nordseeregion mit 1,4 Millionen Tieren verfünffacht. Für beide Arten hatte Niedersachsens rot-grüne Regierung eine ganzjährige Schonzeit verfügt.