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Dieses Formular zeigt ganz oben die gesamte imposante Größe der Fabrik an der Kösliner Straße: Bis in die Jetztzeit blieb das Backsteingebäude direkt an der Straße, in der rechten Bildhälfte zu sehen, erhalten.
Foto: Sammlung SteepeDieses Formular zeigt ganz oben die gesamte imposante Größe der Fabrik an der Kösliner Straße: Bis in die Jetztzeit blieb das Backsteingebäude direkt an der Straße, in der rechten Bildhälfte zu sehen, erhalten.

Hinterpommern

Zündhölzer aus Zanow

Was blieb sind Zündholzschachteletiketten als interessante Sammlerobjekte

Brigitte Stramm
17.04.2022

Wenn man durch das beschauliche Örtchen Zanow [Sianów] an der E 28/A 6 auf der Nordroute nach Danzig fährt ahnt man nicht, dass dieser Ort Interessantes zu bieten hatte. Einst zum Kreis Schlawe gehörend und bereits 1335 als Burgflecken genannt, verlieh Peter von Pollnow, Enkel des Swenzo von Danzig, dem Ort 1343 lübsches Stadtrecht. Seit 1372 gehörte Zanow den Herzögen, die sie 1400 zur Vogteistadt machten. An der Westgrenze des Schlawer Landes sperrte sie die alte Handelsstraße von Köslin nach Danzig.

Kösliner Kaufleute überfielen 1480 Zanow und nahmen im Schloss Herzog Bogislaw X. gefangen. 1483 verkaufte dieser Schloss und Stadt an Jürgen Kleist. 1662 wurde sie Amtsstadt, zum Rügenwalder Amt gehörend.

Firma August Kolbe

Doch weit über die Grenzen Pommerns hinaus bekannt wurde Zanow durch seine Zündholzfabriken. Die Anfang des 19. Jahrhunderts erfundenen Zündhölzer liefen so manche Entwicklungsstufe durch und so wagte der am 18. August 1821 in Rügenwalde geborene August Kolbe mit zwei Arbeitern die Zündholzproduktion und gründete am 1. Oktober 1845 sein Unternehmen. Zunächst geschah die Herstellung ausschließlich in Hand- und Heimarbeit aus heimischen Materialien.

Das Holz sowohl für die Zündhölzer als auch für die Schachteln wurde im nahen Gollen beschafft. Später übrigens wurde für die Herstellung der Zündhölzer Espenholz aus Russland, Polen und Litauen eingeführt. Die fertigen Erzeugnisse wurden direkt in den Städten Köslin, Rügenwalde und Schlawe bei den örtlichen Händlern abgesetzt.

Kolbe gelangte rasch zu Ansehen und heiratete 1851 in die alteingesessene Familie Eschenbach ein, die sich alsbald auch an der Zündwarenfabrik beteiligte. August Kolbe experimentierte mit verschiedenen Herstellungsformen, die aber nicht immer erfolgversprechend waren. Erfolg brachte jedoch die Herstellung von Weißphosphorhölzern. Er expandierte. 1861 beschäftigte er bereits 80 Arbeiter, davon 35 weibliche, die in bewährter Weise, Hand- und Heimarbeit, die Produktion sicherstellten.

Mitte der 1870er Jahre begann die maschinelle Herstellung. Dafür errichtete er einen Neubau auf dem Gelände des früheren Schlosses an der Ortseinfahrt nach Zanow, von Köslin kommend an der Kösliner Straße 47 im Verlauf der Reichsstraße 2. Stets modernisiert, erweitert und mit elektrischem Licht versehen umfasste das Betriebsgelände zirka 20.000 Quadratmeter.

Inzwischen wurde nach Übersee und in den fernen Osten exportiert, sodass Handels- und Seeleute auch dort auf die Zündhölzer aus Zanow stießen. August Kolbe erlebte die Weiterentwicklung der Firma nicht mehr, er starb im Februar 1900. Sein Schwager Gustav Eschenbach führte die Firma zunächst weiter. Ab 1910 Dr. Georg Eschenbach. Kolbe erhielt zu Lebzeiten zahlreiche Ehrungen und betätigte sich wohltätig in vielen Bereichen. So baute er Wohnungen für seine Arbeiter und ein Tagesheim für die Kinder der Familien, die in seinem Betrieb arbeiteten. Das Grundstück für die Stadtschule wurde von ihm gestiftet und das Tor erbaut, das die Verbindung von der Breitestraße, die im Übrigen auch heute noch in ursprünglicher Bebauung besteht, zum Schulgebäude schaffte. Das Tor und die Straße dahinter erhielten seinen Namen. Eine von ihm ins Leben gerufene Stiftung verlor ihr Dasein aufgrund der Inflation.

Firma Max Pohl

Bereits im Jahr 1871 wurde in Zanow, Schlawer Straße 128, eine weitere Zündholzfabrik gegründet. Ihre Erzeugnisse firmierten als Sicherheitszündhölzer. Der Verkaufserfolg waren die Buchzünder der Marke „Jupiter“, sie fanden ebenfalls weltweit guten Absatz. 1884 brannte das Fabrikgebäude ab, wurde aber wieder aufgebaut. Der Erfolg ermöglichte noch die Gründung einer weiteren Fabrik unter dem Namen Dr. Pohl & Co, ansässig in der Bahnhofstraße 5. Diese Fabrik wurde jedoch Ende des Ersten Weltkriegs stillgelegt. Auch die Firma Max Pohl begründete im Jahr 1914 eine Rentenstiftung zugunsten der Mitarbeiter. Die Firma verlegte später den Sitz nach Berlin.

Norddeutsche Zündholz AG

Im September 1925 übernahm die neu gegründete Norddeutsche Zündholz AG mit der Zentrale in Berlin sowohl die Firma August Kolbe & Co und etwas später auch die Firma Max Pohl & Söhne. Beide Firmen waren in Zahlungsschwierigkeiten geraten, aufgrund von Überproduktion und Absatzkrise mit starkem Preisverfall.

Die etwa 350 Arbeiter wurden weiterbeschäftigt, in der Zeit der Umstrukturierung zunächst im Pohl'schen Werk, später in der Kösliner Straße. Es wurde sogar noch eine Druckerei für Etiketten und Buchzünder geschaffen. Die Leitung in Zanow blieb in der Hand des Dr. Eschenbach, bis zu dessen Tod im Jahr 1930. Während des Krieges wurde für den deutschen Markt weiter produziert, bis zur Besetzung der Stadt durch die Rote Armee am 1. März 1945. Damit endete 100 Jahre nach der Gründung die deutsche Zündholzproduktion in Zanow.

Dank der Sammler leben die phantasiereich gestalteten Zündholzetiketten und die dazugehörigen Daten weiter und geben Zeugnis von diesen außergewöhnlichen Firmengeschichten in Pommern.


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Kommentare

Bärbel Lutzke am 11.01.24, 19:25 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren.
Ich habe Ihren Artikel über Zündhölzer gelesen. Mein Mann hat so eine alte Zündholzschachtel zu Hause. Wissen Sie, wo ich Sammler finde? Vielen Dank im Voraus für eine Auskunft. Mit freundlichen Grüßen Bärbel Lutzke

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