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Neue Biographie

„Hitlers Hauptaugenmerk lag auf dem Westen“

Im Gespräch mit Brendan Simms. Über die wahren Kriegsziele des Diktators, sein Streben nach Lebensraum – und seine Ansichten über die Schwäche der Deutschen

René Nehring
08.05.2020

Kann man nach 75 Jahren noch Neues über Adolf Hitler erzählen? Der irische Historiker Brendan Simms meint: ja. In seiner umfassenden „globalen Biographie“, so der Untertitel der deutschen Ausgabe, vertritt Simms sogar die Ansicht, dass wichtige Dinge, die wir über Hitler zu glauben wissen, falsch sind. 

Herr Simms, die erste Frage, die sich bei einer neuen Hitler-Biographie aufdrängt, ist: Brauchen wir diese? Sie selbst erwähnen in Ihrer Einleitung, dass ein Kollege bereits vor 20 Jahren über 120.000 Arbeiten zu Hitler gezählt hat. Und Sie erwähnen auch eine Reihe maßgeblicher Biographien wie die von Alan Bullock, Joachim Fest und Ian Kershaw. Warum also eine weitere Hitler-Biographie? 

Brendan Simms: Die bisherigen Biographien sind auf ihre Weise allesamt bedeutend und sehr gut. Gleichwohl sind in all diesen Arbeiten ganz wichtige Aspekte von Hitlers Biographie gar nicht oder nicht richtig berücksichtigt worden, zum Beispiel Hitlers Verhältnis zum internationalen Kapitalismus, das grundlegend war für seinen Antisemitismus, sowie – damit zusammenhängend – seine Besessenheit von Anglo-Amerika, also den Angelsachsen, wie er sie nannte. 

Hitler trieb die Überzeugung an, dass Deutsche über hunderte von Jahren ausgewandert waren und – wie er sagte – den „Dünger“ geliefert haben vor allem für die Vereinigten Staaten. Im Ersten Weltkrieg dann seien diese Deutschen, bzw. deren Nachfahren zurückgekommen und hätten einen wesentlichen Beitrag zur Niederlage des Kaiserreichs geleistet. Diese Vorstellung war der Ursprung für seine ganze Lebensraum-Theorie. Und weil diese und weitere Aspekte bislang kaum berücksichtigt wurden, hielt ich es für angebracht, eine neue Biographie zu schreiben. 

Sie schildern in Ihrem Prolog eine Begebenheit aus dem Sommer 1918: Hitler begegnete im Felde US-Soldaten, die er als Nachfahren deutscher Auswanderer erkennt. Warum war dies ein Schlüsselerlebnis für ihn? 

Hitler schrieb in den 20er Jahren wiederholt darüber und leitete aus dieser Begegnung verschiedene Erkenntnisse ab: erstens seine Theorie dafür, warum das Deutsche Reich so schwach geworden war; nämlich weil „die besten Elemente“, wie er sagte, zuvor ausgewandert wären. Und zweitens seien die USA – nicht zuletzt wegen der Kraft und Energie dieser Auswanderer – die große Macht der Zukunft. 

Die Deutschen konnten, so Hitlers Überzeugung, einer solchen Macht gegenüber nur bestehen, wenn sie einerseits den Aderlass stoppen und andererseits eine eigene Macht aufbauen würden. Und dafür brauchte das Reich seiner Meinung nach einen größeren Lebensraum. Diesen konnte es aufgrund der Kräfteverhältnisse nicht in Übersee oder in den ehemaligen Kolonien gewinnen, sondern nur im Osten, in Russland. Für den Osten entschied sich Hitler jedoch nicht hauptsächlich, weil er etwas gegen die Russen oder die Bolschewiken gehabt hätte, sondern weil er den Bolschewismus für eine Art Krankheit hielt, derentwegen die Russen zu geschwächt wären, um sich wehren zu können. 

Wenn man die bisherige Forschungsliteratur vor Augen hat, wirken diese Überlegungen erstaunlich. Worauf basieren Ihre Thesen? 

Zum größten Teil auf bekannten Quellen, etwa den Korrespondenzen, Schriften und Reden Hitlers sowie natürlich auch auf neuen Quellen wie beispielsweise die Begegnung im Sommer 1918. Wenn man sich die Dichte der Aussagen zu Anglo-Amerika anschaut, lag das Hauptaugenmerk Hitlers eindeutig auf der Gefahr im Westen. Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, denn das Deutsche Reich wurde ja im Ersten Weltkrieg nicht von Russland besiegt, sondern von den westlichen Mächten. 

Wenn jemand einen anderen als Konkurrenten wahrnimmt, kann er versuchen, diesen als Partner zu gewinnen – oder in eine Konfrontation gehen. Warum entschied sich Hitler für den Weg der Rivalität? Warum versuchte er nicht, die Anglo-Amerikaner, die er sogar als eine den Deutschen überlegene „Herrenrasse“ ansah, als Partner zu gewinnen? 

In der Tat sah Hitler die angelsächsischen Nordamerikaner wie auch die Briten als „Herrenrasse“, sozusagen als die Habenden, die besitzenden Schichten der Welt. Sich selbst und sein Land sah er als „Habenichtse“; den Begriff benutzte er oft, besonders am Anfang des Zweiten Weltkriegs. 

Nach seinem Dafürhalten hat Hitler ja auch alles unternommen, um die Briten und Nordamerikaner als Partner zu gewinnen. Er hat nie daran gedacht, das Britische Empire zu zerstören oder die Amerikaner in die Knie zu zwingen. Und das nicht aus Sympathie und Bewunderung, sondern weil er nicht glaubte, dass das möglich sei. Sein Ziel war eine Parität zwischen dem Deutschen Reich und den Anglo-Amerikanern. 

Allerdings war das Ansehen des „Dritten Reichs“ in der britischen und US-amerikanischen Öffentlichkeit von Beginn an schlecht: wegen der Diskriminierung der Juden und wegen der Behandlung politischer Gegner wie der Sozialisten. Auf der politischen Ebene änderte sich die Haltung der Briten, die zum Beispiel zur Aufrüstung der Wehrmacht geschwiegen hatten, ungefähr 1936 und die der Amerikaner explizit ab 1937. Am 5. Oktober 1937 hielt Roosevelt seine „Quarantäne“-Rede, in der er forderte, Japan wegen des Überfalls auf China, Italien wegen des Einmarsches in Abessinien (Äthiopien) und Deutschland wegen seiner Intervention im Spanischen Bürgerkrieg unter „Quarantäne“ zu stellen, also international zu isolieren. Hitler war davon stark getroffen. Er musste einsehen, dass weder die Briten noch die Amerikaner Sympathien für das „Dritte Reich“ und seine Politik hatten. Beide wollten eine deutsche Dominanz in Europa keineswegs akzeptieren; sie dachten nicht daran, die Welt mit Hitler zu teilen. 

Welche sonstigen neuen Akzente setzen Sie in Ihrer Biographie? 

Neben den bereits genannten Punkten ist Hitlers Bewunderung für die Angelsachsen als Rasse und dann auch sein Pessimismus gegenüber dem deutschen Volk bemerkenswert. Selbst wenn das deutsche Volk, so Hitler, von den sogenannten „unteren“ oder „unerwünschten Elementen“ gereinigt worden wäre, war es seiner Meinung nach nicht stark genug. Das deutsche Volk musste seiner Ansicht nach über Generationen aufgebaut werden, bis es das Niveau erreichen könnte, dass die Briten damals schon hatten. 

Ein großes Problem der Deutschen sah Hitler in ihrem Hang zur Fragmentierung, ihre Spaltung durch Konfessionen, Klassen, Ideologien, aber eben auch ihre Zusammensetzung aus verschiedenen Rassen. Das deutsche Volk setzte sich nach seinem Dafürhalten aus verschiedenen „Rasseelementen“ zusammen, wovon der nordische Teil zu gering war. Deshalb hatte er die Vorstellung, die nordischen Elemente fördern zu müssen. 

Interessant ist auch die Frage, was für einen Krieg Hitler geführt hat. Dabei schaue ich weniger auf die Zahlen der Soldaten oder Gefallenen, sondern auf die Produktionsverhältnisse. Hitler sagte immer ganz klar, dass Deutschland den Krieg verlieren würde, wenn es nicht das Mobilitätsniveau und die Produktionskraft der Angloamerikaner erreicht. 

Welchen Einfluss hatte Hitlers Bild von Anglo-Amerika auf seine Wirtschaftspolitik? 

Der Einfluss war massiv. Hitler versuchte, sozusagen einen „German Dream“ gegenüber dem „American Dream“ zu entwerfen. Radios waren für ihn vor allem Konsumartikel und weniger Propaganda-Instrumente. Besonders wichtig war für Hitler das Auto. Er klagte in den 30er Jahren wiederholt, dass es ein Skandal sei, dass die Deutschen sehr viel weniger Autos hätten als die Amerikaner. Aus diesem Grunde trieb er die Entwicklung des Volkswagens voran – orientiert an der Produktionsweise der Ford-Werke. Hitler erklärte, dass Autos und Radios eine Frage des Lebensstandards seien und dass Deutschland den gleichen Lebensstandard bräuchte wie der Westen. Ansonsten würden die Leute weiter abwandern. 

Das alles klingt nicht nach jemandem, der von dem Gedanken besessen wäre, dass sein eigenes Volk zum „Herrenmenschentum“ bestimmt ist. 

Hitler verfolgte durchaus die Idee eines deutschen „Herrenmenschentums“. Allerdings war dieses für ihn ein Anspruch, keine Realität. Das Herrenmenschentum der Angelsachsen war für ihn Realität. Hitlers Argument war: „Wenn wir keine Herrenmenschen werden, dann werden wir Sklaven.“ Dieses Denken, dass Deutschland eine Kolonie sei, dass die Deutschen versklavt waren, dass sie „Neger“ seien und so weiter, schildere ich in den vorderen Kapiteln der Biographie. Als Ursache dafür sah er die Entwicklungen seit der Frühen Neuzeit, seit der Reformation und den Konfessionskriegen und dem Westfälischen Frieden. Durch diese Schwächung, so Hitler, haben die Engländer die neue Welt kolonisiert und nicht die Deutschen. 

Mein Punkt ist: Beides geht zusammen – die Sorge und Angst um die eigene Schwäche sowie das Bestreben, diese durch Machtpolitik zu überwinden. 

Aber warum zog Hitler mit diesem Volk, das er selbst für schwach hielt, in den Krieg? 

Das ist eine sehr gute Frage, und die beantworte ich auch in meinem Buch. Hierzu muss man den Faktor Zeit berücksichtigen. Hitler sagte oft in den 20er Jahren und Anfang der 30er Jahre, dass das, was er vorhat, ein Projekt für Jahrzehnte oder Jahrhunderte sei, wie übrigens auch das Britische Empire über einen langen Zeitraum entstanden war. Er wollte im Grunde nur ein paar erste Schritte gehen und Pflöcke einschlagen und seine Nachfolger sollten dann sein Werk fortsetzen. Doch spätestens mit Roosevelts Quarantäne-Rede kam er zu der Erkenntnis, dass ihm die Zeit weglief. Deshalb sagte er: „Wir müssen das jetzt machen.“ 

Weil er glaubte, dass die Gelegenheit später ungünstiger für ihn wäre? 

Exakt. Hitler befürchtete, dass sich die Amerikaner wie 1917 schon bald mit den Briten gegen Deutschland verbünden würden. Dann wäre sein Kampf von Beginn an aussichtslos gewesen. 

Sie sagen in Ihrem Buch, dass Hitler keineswegs die Weltherrschaft angestrebt hat, sondern eher ein Getriebener der „Logik des Krieges“ war. 

So ist es. Den Krieg mit den Briten und Franzosen hat er nicht gesucht. Eigentlich wollte er lediglich Polen zu einem Bündnis bewegen oder wenigstens zu einer Tolerierung eines Angriffs gegen die Sowjetunion. Die Polen haben sich aber aus verständlichen Gründen verweigert. Da die Briten und Franzosen Polen ihren Beistand garantiert hatten, löste der Angriff auf Deutschlands östlichen Nachbarn einen größeren Krieg aus. Nach Skandinavien ist Hitler eigentlich nur gegangen, weil er Angst hatte, die Briten würden ihn abschneiden vom Eisenerz in Schweden, und dass sie Norwegen besetzen würden. Auf den Balkan ist er gezogen, weil sein Verbündeter Mussolini sich dort festgefahren hatte. 

Ich will damit Hitler keineswegs entlasten. Ich will damit nur erklären, dass viele seiner Feldzüge nicht zu seinen ursprünglichen Plänen gehörten. Weder in „Mein Kampf“, noch in seinem „Zweiten Buch“ (in dem wir viel über die Rivalität zu Anglo-Amerika finden) oder in seinen programmatischen Reden wird etwa davon gesprochen, den Balkan anzugreifen. Das waren alles Operationen, die sich aus der Dynamik des Krieges entwickelten, nicht aus der Programmatik in Friedenszeiten. 

Wenn Hitler ein Getriebener war – auch seiner eigenen Politik und der dadurch ausgelösten Dynamik –, stellt sich die Frage, ob die Briten und Amerikaner irgendwann die Gelegenheit gehabt hätten, diese Dynamik zu bremsen oder zu stoppen? 

Das ist eine sehr interessante Frage. Früher wurde oft und schnell gesagt, dass die großen Mächte Hitler gleich am Anfang seiner Expansionspolitik die Grenzen hätten aufzeigen müssen, anstatt ihn jahrelang gewähren zu lassen. Das leuchtet bis zu einem gewissen Grade ein. Andererseits gab es die Mai-Krise 1938, kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs. Da kam das Gerücht auf, Hitler plane sofort, in die Tschechoslowakei einzufallen, was er zu diesem Zeitpunkt nicht vorhatte. Damals drohten die Briten Deutschland, und Hitler fühlte sich gedemütigt. Dies war dann für ihn ein großes Argument während der Sudetenkrise, dass die Briten ihm gegenüber völlig feindselig wären. 

Damit will ich Hitler nicht entlasten; ich will damit nur erklären, dass es sehr schwierig ist, mit einem im Grunde paranoiden Mann richtig umzugehen. Wenn man sich gegen ihn wehrt, fühlt er sich bestätigt; und wenn man sich nicht wehrt, dann fühlt er sich auch bestätigt. 

Sie erwähnten Hitlers Selbstbild als „Habenichts“. Welche Selbstverständnisse haben ihn noch angetrieben? 

Sehr wichtig war natürlich sein Selbstbild als Sozialist. Er war eben Nationalsozialist, kein Nationalkapitalist; wobei man dazu sagen muss, dass seine Feindschaft vor allem dem internationalen Kapitalismus galt. Konzerne wie Krupp oder Thyssen sah er durchaus als nützlich für seine Ziele an. Für ihn war sozusagen der Sozialismus gleichgesetzt mit Nationalismus; unter beidem verstand er, dass eine Gemeinschaft alle Güter teilt, vor allem das gemeinsame Schicksal. 

Was ist mit Hitlers Selbstverständnis als Künstler? 

Hierzu muss man unbedingt Wolfram Pyta lesen, der sich mit dem Geniegedanken bei Hitler befasst hat. Er hatte große Sympathie gegenüber Künstlern, nicht nur Wagner. Sich selbst verstand Hitler als Architekt, als Schöpfer eines neuen Deutschlands, aber auch als Baumeister von Gebäuden, die die Würde des neuen Reiches ausdrücken sollten. Er sagte explizit, dass Deutschland diese großen Gebäude wie in Amerika, aber auch Brücken wie die Golden Gate Bridge bräuchte, weil den Deutschen sonst das Selbstbewusstsein und der Mut fehlte. Insofern war die Architektur Teil seiner Machtpolitik. 

Ansonsten sah Hitler die Kunst als Instrument der „rassischen Hebung“, wie er es nannte. Das ganze Volk sollte zum Beispiel Wagner hören; aber nicht wegen dessen Antisemitismus' – den hat Hitler in diesem Zusammenhang nicht erwähnt –, sondern weil er überzeugt davon war, dass das Verständnis guter Kunst und Musik ein Volk heben würde. 

Ein eigenes Kapitel mit immerhin 30 Seiten widmen Sie Bayern? Warum? 

Weil Bayern in mehrerlei Hinsicht eine wichtige Rolle für die Entwicklung Hitlers spielte. München galt zwar als „Hauptstadt der Bewegung“, aber sein Verhältnis zur bayerischen Metropole und zu Bayern war stets ambivalent. Einerseits gab es nach seinem Dafürhalten zwar viele gute Elemente, die ihn etwa zwischen 1919 und 1923 gestärkt hatten, aber eben auch sehr schlechte Elemente, insbesondere die Bayerische Volkspartei und den bayerischen Separatismus. In der Frühphase seines politischen Lebens hatte Hitler größere Sorgen vor dem Separatismus und einem möglichen Zerfall des Reiches als vor dem Bolschewismus. Die Franzosen versuchten ja auch, das Rheinland und das Saargebiet aus dem Reich herauszulösen. 

Der Putsch von 1923 war weniger ein Schlag gegen die Republik, sondern hauptsächlich ein Präventivschlag gegen den Separatismus in Bayern. Bezeichnend ist auch, dass 1933 die Machtübernahme dort am schwierigsten war, und dass Hitler 1934 beim „Röhm-Putsch“ nicht nur die SA-Spitze umbringen ließ, sondern auch einige Personen aus dem klerikalen und aus dem separatistischen Lager in Bayern. 

Wo Sie sich mit der Forschung einig sind, ist, dass Hitler nicht von Beginn an politisiert war. Wann und wo begann seine politische Erweckung? 

In der Tat kann man vor Ende des Ersten Weltkrieges relativ wenige politische Positionen ausmachen. Brigitte Hamann hat gezeigt, dass Hitler während seiner Wiener Zeit nicht nachweislich Antisemit war. Es sind keine antisemitischen Äußerungen überliefert; und es gibt mehrere Belege für jüdische Freunde. Thomas Weber hat in seiner hervorragenden Arbeit zum Ersten Weltkrieg gezeigt, dass Hitler auch zu jener Zeit keine antisemitischen Haltungen zeigte. 

Das politische Engagement kommt erst 1919 und ist eine Reaktion nicht so sehr auf den Krieg, sondern vielmehr auf den Frieden, also auf die Niederlage und den Vertrag von Versailles. Dann jedoch geht es schnell, sodass Mitte der 20er Jahre die Grundlinien seines Denkens klar erkennbar sind. 

Zum Schluss: Warum sollte sich ein junger Mensch 75 Jahre nach Hitlers Tod noch mit dessen Biographie befassen? 

Hitlers Leben zeigt uns, wie gefährlich eine Ideologie, ein vereinfachendes Weltanschauungsmuster für komplexe Zusammenhänge sein kann. Hitlers Biographie lehrt uns, wohin es führen kann, wenn eine bestimmte Bevölkerungsgruppe – in seinem Falle die Juden – oder wirtschaftliche Systeme wie der internationale Kapitalismus zu Sündenböcken für etwaige Fehlentwicklungen deklariert werden. Ich will damit nicht sagen, dass man den internationalen Kapitalismus nicht hinterfragen sollte; aber ich glaube, dass man sich davor hüten sollte, dass ideologische Erklärungsmuster unsere Sicht auf die Welt bestimmen.

Das Interview führte René Nehring.

Brendan Simms
Hitler. Eine globale Biographie
DVA, Hardcover mit Schutzumschlag, München 2020, 1.056 Seiten, 44 Euro

Brendan Simms ist Professor für die Geschichte der internationalen Beziehungen am Centre of International Studies der Universität Cambridge. Zu seinen Werken gehören unter anderem „Kampf um Vorherrschaft. Eine deutsche Geschichte Europas 1453 bis heute“ (DVA 2014) sowie „Die Briten und Europa. Tausend Jahre Konflikt und Kooperation“ (DVA 2019). 

 

Lesen Sie weitere Artikel aus unserer Sonderbeilage „1945: Nullpunkt unserer Geschichte“ zum 75. Jahrestag des Kriegsendes:

René Nehring: Nullpunkt unserer Geschichte

Keith Lowe: Die Phoenixe sind müde

Igor Grezkij: Der Krieg um die Erinnerung 

Piotr Zychowicz: Eine Niederlage, kein Sieg

Die Beilage liegt der PAZ 19/2020 bei und ist ab Freitag, 8. Mai 2020 am Kiosk erhältlich.

 


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Kommentare

Heinz Geelhaar am 21.05.20, 06:52 Uhr

Vor jedem großen Krieg wird eine große Bank gegründet (die Frage ist von wem) - für den ersten Weltkrieg war es die FED, als roter Schild Zentralbank von dem roten Schwert der City of London. Für den zweiten Weltkrieg wurde 1930 die BIZ in Basel (exterritorial) gegründet. Exterritorial deutet, wie bei der City of London an, daß sie zum Instrument der Weltherrscher gehören. Den Ländern wurde damit die Finanzierung des Krieges ermöglicht. Es wurden feindliche Ideologien (früher Glaubensrichtungen) ausgeteilt und der Krieg organisiert. Für den 1. WK dürfte das Projektmanagement die Ur-Loge "Edmund Burke" gewesen sein. Für den Kommunismus war es die Ur-Loge "Joseph de Maistre", die Lenin in der Schweiz gründen durfte. Man kann immer die Schachfiguren beschreiben, ohne das Spiel zu verstehen.
Meine Vorfahren stammen aus Königsberg und Tilsit.

Hartmut Bies am 17.05.20, 07:42 Uhr

Ein wirklich sehr guter Kommentar, Herr Hermann.

In der heutigen Mainstream- Geschichtsaufarbeitung werden diese Fakten ja auch nur allzu gerne ausser Acht gelassen und nicht sehr viele wissen davon.
Ein seit 75 Jahren mausetoter Diktator muss heute noch herhalten für eine oft vollkommen verfehlte Politik der etablierten Parteien.
Um meine Großmutter, Gott hab sie selig, zu zitieren: " Wenn's den Hitler nicht gegeben hätte, so würden sie versuchen, einen zu erfinden", nur um ihre seltsame Politik zu legitimieren.
Die Wahrheit wird stärker sein.

Korbinian Meier am 11.05.20, 18:42 Uhr

Lieber Herr Hermann, das ist einer der besten Kommentare, die ich zu diesem Thema je gelesen haben. Vielen Dank dafuer.

Siegfried Hermann am 10.05.20, 19:37 Uhr

120.000 "Schriften" zu Hitler???
Wie kommt der Mann dazu auch noch seinen Senf dazu zu geben!?
Naja, bei soviel Konkurrenz muss man ja mit einer anderen Nr. kommen, so denn seine Arbeit auch noch verkauft werden soll.
Das mit der Psychologie ist ja wie mit dem Pädagogen. Die diskutieren ja ellenlang über die Uhrzeit und meinen immer recht zu haben.
Was der Herr "Experte" denn so völlig außer acht gelassen hat, bei seinen Spekulationen, was anderes ist es nicht, FAKTEN!
Und zwar die von BW-General a. D. Schulzte-Rhondorf. Der hat im Gegensatz zu Mr. Spekulatius in jahrelanger akribischer Arbeit und Aktenfresserei nach gewiesen, das der Führer vieles wollte, nur einen Krieg nicht!
Geflissen lässt der Keksbäcker auch aus, das seit den 1890er Jahren massiv an einen "totalen Krieg" gegen Deutschland ge-fordert
(Sprachrohr Zionistischer Weltkongreß) und vom britischen SIS 15 Jahre (!) gewissenhaft erarbeitet und vorbereitet worden ist und kein geringerer in dieser Operating-take-group (neudeutsch: Thinktank) Winston Churchill mitwirkte.
Der Versailler Vertrag gilt heute unbestritten als Fortsetzung des WK-I ohne Waffen und Auslöser des WK-II.
Ebenfalls fällt komplett unterm Tisch:
Viktor Suworow mit seinen Buch "Der Eisbrecher", der ebenfalls akribisch nachweist, dass Hitler Stalin nur "um 3 Monate" zuvor gekommen ist und Stalin Herbst 41-mit russischen Schlendrian, Frühjahr 42 Deutschland angegriffen hätte. Was man den Juden 1967 verständnisvoll gewährt hat, wird Deutschland empört abgesprochen. Einen Präventivkrieg zu führen, um den Gegner zuvor zu kommen.
Als 1941 eine Ordonnanz den Angriff auf Pearl Harbor dem US-Präsidenten gemeldet hat, soll dieser freudig seinen gegenwärtigen Beratern und Freunden gesagt haben. "Endlich haben wir Hitler da, wo wir ihn hinhaben wollten". Richtig, man hat die Japaner benutzt, um gegen Deutschland Krieg zu führen.
Das hatte Roosevelt auch bitter nötig. Sein "great deal" verpuffte wie der Schnee in der Sonne. Amiland war 1939 ohne Krieg am Boden mit Millionen Arbeitslosen, Vagabunden und leeren Auftragsbüchern und NULL Begeisterung für Churchill´s Krieg.
Alles war nach dem 6. Dez. 1941 kam, war Hitler der Getriebene der Ereignisse, die er gar nicht ändern konnte.
Hier wird, mal wieder, eine Individualschuld eines Pathogenen konstruiert und auf die kollektive deutsche End-schuld verlagert und alles was nach dem 8. Mai 45 an Grausamkeiten seitens der Sieger kam mit dem "Persilschein" rein gewaschen.
Tut mir leid.
Ich kann weder mit diesen Büchen was anfangen, erst recht nicht deren Fazit zustimmen.
Wie wärs zur Abwechselung mal mit der Wahrheit und das unseren aller Kindern beibringen. Das wäre dann mit 120.002 Werken mal wirklich was Neues!

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